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Die unvermeidliche Krise

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Henrik Böhme
30. März 2020

Deutschlands Top-Ökonomen sehen das Land vor einer schweren Rezession. Aber sie mahnen zur Besonnenheit und fordern ein Konjunkturprogramm, nicht ein Ende des Shutdowns. Damit liegen sie richtig, findet Henrik Böhme.

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VW Förderband
Nichts geht mehr - Deutschlands Automobilfabriken stehen seit Tagen stillBild: Imago Images/Sven Simon

Prognosen waren schon immer ein schwieriges Geschäft. Erst recht, wenn sie die Zukunft betreffen. Dieses Bonmot wird wahlweise Mark Twain zugeschrieben, aber auch Kurt Tucholsky, Winston Churchill oder Niels Bohr. Egal, wer von Herren nun die Urheberschaft beanspruchen könnte: Nie war diese Weisheit so richtig wie in Zeiten der Coronakrise. Denn natürlich hat schon der Wettlauf begonnen um die größte Zahl: Um wieviel Prozent wird die deutsche Wirtschaftsleistung einbrechen? Fünf, zehn, gar 20 Prozent?

Spitzenreiter ist derzeit Clemens Fuest, der umtriebige Chef des Münchner ifo-Instituts. Er hat seine Forscher verschiedene Szenarien durchrechnen lassen. Das Ergebnis kann keinen überraschen, und dazu muss man nicht mal Volkswirtschaftslehre studiert haben: Je länger der wirtschaftliche Stillstand dauert, umso größer der Schaden.

Interview mit ifo-Chef Clemens Fuest zum Rettungsschirm

Folgen der Krise geringer als befürchtet

Ähnlich liest sich das in einem Sondergutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - besser bekannt als die Wirtschaftsweisen. Die Regierungsberater (im Moment übrigens nur zu dritt und nur männlich, weil zwei Posten vakant sind) sagen zwar eine kräftige Rezession voraus, sehen die Wirtschaft allerdings nicht so stark einbrechen wie im Jahr der Weltfinanzkrise 2009. Natürlich haben auch die Weisen verschiedene Szenarien durchgerechnet. Und natürlich wissen auch sie nicht, wie lange der Shutdown anhält. Was sie wissen und auch sagen: Die Belastung steigt mit der Dauer der Krise überproportional. Aber einen Einbruch der Wirtschaftsleistung um ein Fünftel halten sie am Ende doch für übertrieben.

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Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

Das ist die gute Nachricht. Das Sondergutachten wird nun einfließen in die Überlegungen der Bundesregierung, die ja versprochen hat, den Deutschen nach Ostern eine Exit-Strategie zu präsentieren. Dann muss klar werden, wie es weiter gehen soll mit Ausgehverboten und Kontaktbeschränkungen. Dann muss auch die Wirtschaft Signale erhalten, ob Fabriken schrittweise wieder hochgefahren werden können. Dann sollte auch absehbar sein, mit welchen flankierenden Maßnahmen über die schon beschlossenen Milliardenhilfen hinaus die Wirtschaft wieder angekurbelt werden kann. Ein Konjunkturprogramm wird kommen müssen, das empfehlen auch die Wirtschaftsweisen.

Tote kaufen keine Autos

Was aber, wenn in zwei Wochen die Zahlen der Neuinfizierten noch immer steigen, kein Abflachen der Kurve zu verzeichnen ist? Kommt es dann zum Schwur, den mancher herbeiredet oder -schreibt? Tote versus Wirtschaftswachstum? Müssen dann wieder die 120.000 Menschen herhalten, die jedes Jahr in Deutschland an den Folgen des Rauchens sterben, weil es die Regierung nicht vermag, ein Rauchverbot durchzusetzen? Vielleicht sollte man sich klar machen, dass es bei dieser weltweiten Pandemie den Konflikt Tote versus Wirtschaftseinbruch gar nicht gibt. Er existiert nicht.

Lässt man der Pandemie nämlich ihren Lauf, dann ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass sie millionenfaches Leid über die Menschheit bringen wird. Der wirtschaftliche Einbruch dürfte dann noch dramatisch größer sein als der, den der jetzige Stillstand bringt. Denn Tote kaufen keine Autos. 

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Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58