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Ein Drama wird zur Tragödie

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Zoran Jordanovski
21. August 2015

Mazedonien hat seine Grenze zu Griechenland mit Hilfe der Armee geschlossen. Schon jetzt campieren Tausende Flüchtlinge im Niemandsland. Das ist keine Lösung, kritisiert Zoran Jordanovski.

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Mazedonien Griechenland Flüchtlinge an der Grenze gestoppt Polizei
Klare Botschaft der mazedonischen Regierung: Hier ist kein Durchkommen mehr!Bild: Reuters/A. Avramidis

Die Bilder der chaotischen Zustände in Gevgelija gehen um die Welt. Das 10.000 Einwohner-Städtchen liegt ganz im Süden Mazedoniens, nah an der Grenze zu Griechenland. Verzweifelte Menschen versuchen dort, sich irgendwie in überfüllte Züge zu drängen. Bilder, die an Saigon erinnern, seinerzeit, am Ende des Vietnam-Kriegs. Bilder, die auch Erinnerungen an 1999 und die Flucht von bis zu 300.000 Menschen aus dem Kosovo wachrufen. Wie damals ist Mazedonien unverschuldet mit einem riesigen Problem konfrontiert, das das kleine Land völlig überfordert.

Jetzt sind es zwar viel weniger Menschen als 1999 und fast alle wollen nur durchreisen. Aber damals bemühte sich das Land nach Kräften, den Flüchtlingen zu helfen. Heute hingegen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der mazedonischen Regierung die Flüchtlinge ziemlich lange völlig gleichgültig waren. Rund 30 Menschen aus unterschiedlichsten Regionen der Welt wurden von Zügen auf mazedonischen Eisenbahnstrecken überrollt, weil sie die Schienen als Orientierung auf ihrem Fußmarsch nach Serbien nutzten.

Keine internationale Hilfe

Die mazedonischen Behörden haben offenbar ihre Lehren aus 1999 gezogen. Die Rufe nach Hilfe durch die internationale Gemeinschaft verhallten damals lange Zeit. Das Gleiche auch jetzt wieder. Deswegen hat die Regierung nun die Notbremse gezogen: Sie hat den Notstand an der südlichen und nördlichen Grenze ausgerufen, damit auch die Armee eingesetzt werden kann. Normalerweise ist nämlich allein die Polizei für die Kontrolle der Grenze zuständig.

Die Zahl der über Griechenland kommenden Menschen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan, Pakistan und afrikanischen Ländern wuchs schnell - in dieser Woche auf über 2000 täglich. In den nur zwei Monaten, in denen die mazedonischen Behörden versuchten, die illegal über die Grenze kommende Menschen zu registrieren und ihnen einen dreitägigen legalen Aufenthalt zu ermöglichen, waren es bereit über 41.000. Obwohl nur 47 von ihnen einen Asylantrag in Mazedonien gestellt haben und die Masse der anderen inzwischen längst die EU erreicht haben dürfte, ist diese Situation für Mazedonien ein Problem zu viel. Das kleine Land mit seinen gut zwei Millionen Einwohnern ist von einer schweren innenpolitischen Krise geplagt. Zudem ist es ohnehin eines der ärmsten in Europa. Und mit den Flüchtlingen wird es nun eigentlich mit einem alleinigen Problem der EU konfrontiert: Die Menschen kommen aus einem Mitgliedsland der EU und wollen weiter in andere Staaten der EU.

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Zoran Jordanovski leitet DW-Mazedonisch

Eine Lösung, die nichts löst

Lautstark wird in Mazedonien kritisiert, dass sich Griechenland überhaupt nicht darum bemüht, die illegalen Grenzübertritte in seinem Norden zu unterbinden. Im Gegenteil: Das EU-Land transportiert Flüchtlinge von den Ägäischen Inseln bis unmittelbar an die Grenze Mazedoniens. So wird ein EU-Problem dem armen Nachbar zugeschoben. Deswegen ist die Entscheidung der mazedonischen Regierung verständlich.

Doch das Schließen der Grenze um, so die offizielle Begründung, die Sicherheit der Bevölkerung zu wahren und geregelte Aufnahme und Transport der Flüchtlinge besser organisieren zu können, löst das Problem nicht. Im Niemandsland zwischen Mazedonien und Griechenland befinden sich schon jetzt Tausende Menschen, die dringend Nahrung und medizinische Hilfe brauchen. Je mehr Menschen dort ausharren müssen und je länger das dauert, umso größer wird der Druck. Mazedonien hofft, dass es Druck auf die EU sein wird. Nur so ergibt der Beschluss, die Grenze zu schließen, einen Sinn. In der EU gibt es ausreichend Geld, um Grenzzäune zu errichten, aber nicht genug, um den Ländern zu helfen, die zufälligerweise auf der Flüchtlingsroute liegen und diese Hilfe dringend brauchen.

Was passiert demnächst?

In den kommenden Tagen wird es keine spektakulären TV- Bilder aus dem Bahnhof von Gevgelija mehr geben. Aber niemand kann und darf erleichtert aufatmen. Das Problem ist da, und es löst sich nicht durch Hin- und Herschieben. Und nicht zu vergessen: Es handelt sich um leidende Menschen! Weil es keinerlei Anzeichen gibt, dass die EU schnell reagieren wird, müssen wir uns perspektivisch auf noch schrecklichere Bilder, sehr wahrscheinlich auch auf gewalttätige Szenen vorbereiten. Das Drama wird sich fortsetzen und kann sich zur Tragödie ausweiten. Obwohl es vom Standpunkt der Menschlichkeit eigentlich schon längst eine ist.

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