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Ein giftiger Cocktail

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Henrik Böhme
12. Oktober 2018

Die schlechten Nachrichten aus vielen wichtigen Volkswirtschaften nehmen zu. Noch aber ist es zu früh, den Untergang auszurufen. Allerdings sollte man die Risiken nicht länger ignorieren, meint Henrik Böhme.

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Bild: picture alliance/Uwe Zucchi

Wäre man abergläubisch, müsste man von einem bösen Omen sprechen: Auf der indonesischen Ferieninsel Bali treffen sich in diesen Tagen an die 20.000 Menschen, die über die Lage an den Weltfinanzmärkten sprechen wollen. Und just zum Beginn der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank bebte die Erde. Zu Schaden gekommen ist niemand, aber dass die Weltwirtschaft Schaden nehmen könnte durch die gefährliche Mixtur, die sich in den vergangenen Monaten zusammengebraut hat, daran zweifelt beinahe niemand.

Der Lautsprecher im Weißen Haus

Denn praktisch zeitlich mit dem Erdbeben brodelte auch wieder der Vulkan von Washington. "Ich denke, die Fed ist verrückt geworden", so posaunte es der Präsident heraus. Auch wenn er da gerade im Wahlkampfmodus unterwegs war: Das geht gar nicht! Es gibt genügend Gründe, warum die Zentralbanken unabhängig in ihrem Tun und Lassen sein sollten. Regierungen wie Präsidenten sollten sich zurückhalten und eben nicht in die Geldpolitik einmischen. Donald Trump stört sich an den Zinsanhebungen der US-Notenbank. Doch das machen die Hüter des Dollar ja nicht aus einer Laune heraus oder um den Präsidenten zu ärgern: Sie schauen sich nüchtern die Wirtschaftsdaten an und stellen fest: Die US-Wirtschaft droht zu überhitzen - und um genau das zu verhindern, werden die Zinsen angehoben. 

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Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

Aber genug des geldpolitischen Crashkurses für Mr. President. Dass Trumps Äußerungen die Börsen weltweit auf Talfahrt schickten, ist auch nur die halbe Wahrheit. Denn mittlerweile kommt so einiges an Ungemach für die Weltwirtschaft zusammen. Als da wären: Der Handelsstreit zwischen den Wirtschaftsgiganten USA und China. Die Wirtschaftskrisen in wichtigen Schwellenländern wie Argentinien, Brasilien und der Türkei. Die Krise in Pakistan, die andere asiatische Staaten in Mitleidenschaft ziehen könnte. Der gigantische Schuldenberg, den die Welt angehäuft hat (182 Billionen Dollar - kann sich irgendwer vorstellen, wie viel das ist?) Die nach wie vor unklare Lage um den britischen EU-Austritt. Die hohe Schuldenlast Italiens, immerhin die drittgrößte Volkswirtschaft des Euro-Raums.

Zu früh für ein Weltuntergangs-Szenario

Nun ist es freilich definitiv zu früh, um ein Weltuntergangs-Szenario zu zeichnen. Nach wie vor gibt es genügend stabilisierende Faktoren. Da ist die sehr robuste US-Wirtschaft. Auch für die Volkswirtschaften der Eurozone besteht derzeit noch keine Ansteckungsgefahr durch einen Krisenvirus. Aber man muss eben genau hinschauen, wo die Gefahren lauern: Die US-Wirtschaft brummt dank zahlreicher stimulierender Maßnahmen wie Steuergeschenken und durch bereits erwähnte protektionistische Maßnahmen wie Strafzölle. Das macht zum einen den sowieso schon gigantischen US-Schuldenberg noch größer. Und zum anderen ist damit zu rechnen, dass das Pendel alsbald zurückschlägt und die US-Wirtschaft unter den Gegenmaßnahmen der Handelspartner (wobei ja "Partner" nicht mehr wirklich stimmt) zu leiden beginnt.

Schulden sind auch ein großes Thema in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern. Argentinien beispielsweise hat die große Krise von 2001 nie wirklich überwunden und sich nur irgendwie über Wasser gehalten. Weil aber Investoren mittlerweile ihr Geld lieber wieder in den USA anlegen (dort gibt es mehr fürs Geld), wird das Land nun wieder von der Krise eingeholt - mit all den Folgen, unter denen die Menschen zu leiden haben: steigende Preise, Sparprogramme, Jobverluste. Ein Teufelskreis. Ähnlich die Lage in der Türkei: Ein eigentlich erfolgreiches Wirtschaftsmodell (kreiert vom damaligen Ministerpräsidenten Erdogan vor gut 15 Jahren) wird von diesem zum Autokraten mutierten Staatspräsidenten nun höchstpersönlich demontiert.

Teufelskreis aus Sparprogrammen und Jobverlusten

Aber auch Entwicklungsländer leiden - Pakistan zum Beispiel: Die haben sich den reichen Chinesen mit deren gigantischer Seidenstraßen-Initiative zu sehr an den Hals geworfen und erleben nun ein Desaster, weil sie sich für die chinesischen Großprojekte derart verschuldet haben, dass sie nun beim Währungsfonds IWF um Milliardenkredite betteln müssen. Ein Teufelskreis, weil auch das wieder heißt: Sparprogramme und Jobverluste.

Nun ist dies nicht der erste Crash des Jahres, schon im Februar waren die Märkte eingebrochen. Aber nach ein paar Tagen hatte sich alles wieder stabilisiert; es ging wieder aufwärts. So könnte es auch jetzt wieder sein: Wenn die Quartalszahlen der großen US-Unternehmen einigermaßen zufriedenstellend ausfallen, wird das zur Beruhigung beitragen. Ebenso ein möglicher Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen kommende Woche. Aber wenn immer mehr Länder im Krisenmodus sind, dann wird das früher oder später gefährlich: zum Beispiel für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft. Es bleibt also spannend.   

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Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58