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Politik

Ein letzter Warnschuss

15. Januar 2019

Der Verfassungsschutz erklärt Teile der rechtspopulistischen Partei zum Verdachtsfall. Es gibt also Zweifel an ihrem Demokratie-Verständnis. Die AfD sollte daraus die richtigen Schlüsse ziehen, meint Marcel Fürstenau.

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Berlin - Pressekonferenz: Alice Weidel und Alexander Gauland
Betretene Gesichter: Die AfD-Fraktionsvorsitzenden Weidel (l.) und Gauland nach dem Entscheid des VerfassungsschutzesBild: Getty Images/AFP/O. Andersen

Die Alternative für Deutschland (AfD) sieht sich jetzt natürlich in der Opfer-Rolle. Dabei steht die Partei als Ganzes (noch) nicht im Verdacht, extremistisch zu sein. Dafür gibt es nämlich aus Sicht des Bundesamtes für Verfassungsschutzes (BfV) bislang keine hinreichenden Anhaltspunkte. Anders sieht es jedoch bei der Nachwuchsorganisation Junge Alternative (JA) und dem sogenannten "Flügel" aus, dessen Frontmann Björn Höcke offen den Schulterschluss mit Neonazis praktiziert.

Höcke und JA müssen nun damit rechnen, dass der Verfassungsschutz Akten über sie anlegt. Sie müssen sich sogar darauf einstellen, gezielt überwacht zu werden. Diese Möglichkeiten ergeben sich aus der BfV-Entscheidung den völkisch-nationalistischen "Flügel" und den AfD-Nachwuchs zum "Verdachtsfall" zu erklären. Und dafür gibt es in der Tat "hinreichend gewichtige Anhaltspunkte", wie es in der Begründung des Inlandsgeheimdienstes heißt.

Natürlich sind nicht alle in der AfD Nazis

Die Radikalisierung der beiden Strömungen sorgt auch innerhalb der AfD schon lange für Unmut. Die Gemäßigten befürchten zu Recht, dass die Radikalen am rechten Rand auf Dauer wertkonservative Wähler abschrecken könnten. Und davon gibt es viele, denn natürlich sind nicht alle Mitglieder der AfD oder ihre Sympathisanten Nazis. Das Gegenteil ist der Fall. Allerdings müssen sie sich schon die Frage gefallen lassen, warum sie dem Treiben der Extremisten in ihren eigenen Reihen so lange zuschauen, ohne sich eindeutig davon zu distanzieren?

Deutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne Mikrofon
DW-Redakteur Marcel FürstenauBild: DW

So gesehen darf die AfD-Spitze um Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland sogar dankbar dafür sein, dass der Verfassungsschutz nach langem Zögern endlich genauer hinsieht. Denn die Rechtspopulisten haben nun die Chance, reinen Tisch zu machen. Und das kann nur bedeuten, sich kompromisslos von den Demokratie-Feinden zu trennen. So könnten sie am besten der Gefahr vorbeugen, über kurz oder lang als Gesamtpartei zum Verdachtsfall erklärt zu werden. Denn das BfV hat bereits "erste tatsächliche Anhaltspunkte für eine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgerichtete Politik".

Von Altlasten trennen, rhetorisch abrüsten!

Diese Formulierung liest sich wie ein dezenter Hinweis, den Bogen nicht zu überspannen. Der Satz klingt wie ein letzter Warnschuss Richtung AfD. Deshalb ist es auch konsequent, dass die AfD als Gesamtpartei zum "Prüffall" erklärt wurde. In der Praxis ist das eine Art Bewährungsprobe. Die Rechtspopulisten haben es nun selbst in der Hand, ihre Demokratieverträglichkeit unter Beweis zu stellen. Dafür wäre es aber dringend nötig, sich von personellen Altlasten zu trennen und rhetorisch abzurüsten. Die oft völkisch-nationalistischen, antisemitischen und fremdenfeindlichen Töne stehen jedenfalls im denkbar großen Kontrast zum rechtskonservativen Partei-Programm.