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Eine Frage der Ehre

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Jens Krepela
11. November 2015

Franz Beckenbauer ist der Kaiser des deutschen Fußballs, ein Idol und vielfaches Vorbild. Deswegen muss er jetzt sein Schweigen zu den dunklen Machenschaften rund um die Vergabe der WM 2006 brechen, meint Jens Krepela.

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Archivbild: Franz Beckenbauer (Foto: picture-alliance/dpa/K. Sulejmanovic)
Bild: picture-alliance/dpa/K. Sulejmanovic

Angela Merkel pflegt die Dinge vom Ende her zu denken, bevor sie eine Entscheidung trifft. Diese Taktik der Bundeskanzlerin möchte man jetzt auch Deutschlands Fußball-Kaiser nahelegen. Denn Franz Beckenbauer hat sich bisher für den falschen Weg entschieden. Hinter verschlossenen Türen hat er zwar einige Fragen zu seiner Rolle bei der zweifelhaften WM-Vergabe beantwortet, wirkliche Aufklärung sieht jedoch anders aus. Das offenbart eine dunkle Seite der erfolgsverwöhnten "Lichtgestalt": Arroganz und ein gewisses Maß an Skrupellosigkeit. Denn die Konsequenzen aus dem Schweigen des Kaisers tragen andere: beispielsweise Wolfgang Niersbach, der am Montag seinen Rücktritt als DFB-Präsident erklärte. Der Kaiser selbst, die zentrale Figur, bleibt unbehelligt.

Keine Ermittlungen, keine Ämter

Warum dieses Verhalten verwerflich ist, zeigt Merkels Ansatz. Vom Ende her gedacht geht es um die Frage, was droht Beckenbauer, wenn er auspackt? Nach jetzigem Stand gibt es darauf eine einfache und nüchterne Antwort: nichts! Juristisch hat der Kaiser nichts zu befürchten. Korruption wäre längst verjährt. Bei den Ermittlungen gegen den DFB wegen Steuerhinterziehung gehört er nicht zu den Beschuldigten. Einen Posten, den er durch die Offenlegung der zweifelhaften Geschäfte verlieren könnte, hat der 70-Jährige auch nicht mehr inne.

Sturz einer Ikone?

Es bleibt also der gute Ruf, der leiden könnte. Rund um den Fußball gibt es fast nichts, das Beckenbauer nicht erreicht hätte. Sei es der Weltmeistertitel als Spieler und Teamchef oder Profanes, wie der Torwandtreffer von einem vollen Weißbierglas.Dass er als Funktionär die WM 2006 nach Deutschland holte, hob ihn endgültig in höhere Sphären. Zu hohe Sphären, wie wir jetzt wissen. Das gilt vor allem mit Blick auf uns, die Journalisten. Lange Zeit hat es keiner gewagt, das Wirken des Kaisers kritisch zu beleuchten. Im Gegenteil, als die Vorwürfe nun aufkamen, wurde Beckenbauer von einigen Medien aggressiv verteidigt. Damit ist es nun glücklicherweise vorbei.

Menschwerdung der Lichtgestalt

Für die Klärung dieser Affäre muss der Kaiser runter von seinem Thron. Dazu trägt der öffentliche Druck nun hoffentlich bei. Letztlich ist es eine Frage der Ehre und Integrität gegenüber alten Weggefährten und dem DFB, denen auch Beckenbauer einiges zu verdanken hat. Schwer vorstellbar, dass dabei Dinge ans Licht kommen, die seinen Status als Fußball-Ikone wirklich nachhaltig gefährden. Die meisten seiner Verdienste sind davon völlig unberührt. Auch in dieser Hinsicht hat er also kaum etwas zu befürchten. Das macht sein Schweigen umso schlimmer. Es ist deshalb Zeit, dass er seine Meinung ändert. Ein reuiges Kicker-Idol mit Makeln dürfte den meisten allemal lieber sein als ein unantastbarer Fußball-Kaiser.

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Jens Krepela Redakteur, Reporter, Autor