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Kommentar: Eine Verlängerung mit Nachspiel

Jamsheed Faroughi25. November 2014

Das selbst gesetzte Ultimatum für die Atomgespräche mit dem Iran ist ohne Ergebnis verstrichen. Jetzt soll weiter verhandelt werden. Das spielt den Hardlinern im Iran und den USA in die Hände, meint Jamsheed Faroughi.

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Javad Zarif, John Kerry und Cathrin Ashton (Foto: AFP/Getty Images/N. Kamm)
Bild: AFP/Getty Images/N. Kamm

Je größer die Hoffnung, desto größer die Enttäuschung! Und dieses Mal war die Hoffnung wirklich sehr groß. Aber was bedeutet das genau? Wenn eine Verhandlungsrunde ohne Einigung, ohne greifbare Ergebnisse zu Ende geht, ganz gleich wie man es diplomatisch zu verkaufen versucht, ist sie im Klartext gescheitert. Wenn ein Ultimatum endet, ohne das gesetzte Ziel erreicht zu haben, muss das Konsequenzen haben.

Das erste Ultimatum endete am 1. Juli dieses Jahres, wohlgemerkt ohne Erfolg. Das zweite endete jetzt mit demselben Ergebnis. Ein Ultimatum ohne Konsequenzen ist kein Ultimatum. Es ist bloß eine freundliche Terminvereinbarung.

Die Lage im Nahen und Mittleren Osten ist dramatisch genug. So ist das Spiel mit der Zeit heute gefährlicher geworden als je zuvor. Eine Win-Win-Lösung braucht gegenseitige Kompromissbereitschaft.

Sowohl die Amerikaner, als auch die Iraner wussten sehr wohl, dass eine erneute Verlängerung der Gespräche zur Stärkung der Hardliner-Position führen wird. Man hat zwar alles unternommen, was möglich war, damit ein tragfähiger und möglichst Gesichts wahrender Kompromiss zustande kommt. Allerdings vergeblich! Die Kluft zwischen den internationalen Erwartungen und der Bereitschaft Irans ist immer noch sehr groß.

Obama und Rohani brauchen Erfolge

US-Präsident Obama und auch Irans Präsident Rohani stehen heute mehr als je zuvor unter Erfolgszwang. Im Atomkonflikt mit dem Iran braucht Obama unbedingt eine Erfolgsmeldung. Für ihn wäre die Einigung im Atomstreit mit dem Iran der größte Erfolg seiner zweiten Amtszeit.

Denn seine Friedensinitiative und diplomatischen Maßnahmen für Nahost haben nicht die erhofften Früchte getragen. Seine Bemühungen um Beilegung des Gaza-Konflikts sind gescheitert, und nun lauert die Gefahr der dritten Intifada.

Jamsheed Faroughi (Foto: DW)
DW-Redakteur Jamsheed FaroughiBild: DW/P. Henriksen

Auch die Sicherheitslage in Afghanistan und Pakistan ist alles andere als zufriedenstellend. Erfahrungsgemäß lässt sich sagen, dass selbst eine Verlängerung der militärischen Präsenz der US-Soldaten in Afghanistan wenig erfolgversprechend wäre.

Die Situation im Irak, Syrien, Libyen und Ägypten ist noch schlimmer. Nach dem Vormarsch der IS-Terrormilizen steht Irak sogar vor dem Zerfall. Syriens Präsident Assad ist immer noch präsent, Libyen ist zu einem Sammelplatz der Islamisten geworden und Ägypten ist relativ ruhig, aber keinesfalls stabil. Eine Einigung im Atomstreit mit dem Iran könnte Obamas Image deutlich verbessern.

Die Lage für Rohani ist nicht wesentlich besser. Er konnte viele seiner Wahlversprechen nicht umsetzen. Vor allem ist die Wirtschaftslage im Iran dramatisch schlecht. Die Machthaber im Iran haben in den letzten Jahren immer und immer wieder behauptet, dass die Sanktionen der Hauptgrund für diese wirtschaftliche Misere sind.

Aber dafür sind Sanktionen schließlich da! Und die verhängten Sanktionen gegen den Iran haben deutlich weh getan. Die Lockerung oder sogar die Aufhebung der Sanktionen wäre für die iranische Regierung lebenswichtig. Aber ohne Einigung im Atomstreit wird es keine umfassende Lockerung der Sanktionen geben.

Khamenei muss sich bewegen

Das Scheitern der Atomverhandlungen ist für die Hardliner im Iran und in den USA eine willkommene Sache. Diese fühlen sich dadurch vielmehr bestätigt. Solange der religiöse Führer Ayatollah Khamenei im Atomstreit nicht nachgibt, wird es keine Einigung geben. Und so wird das Abenteuer um Irans Atomkonflikt weiter existieren, und damit auch das Elend des iranischen Volkes und die Sorge der Weltgemeinschaft.