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Kommentar: Europa darf sich nicht abschotten

Andrea Schmidt4. Oktober 2013

Es ist das schlimmste Flüchtlingsdrama vor der italienischen Küste. Europa muss verhindern, dass so eine Tragödie mit vielen Toten wieder geschieht, fordert Andrea Schmidt in ihrem Kommentar.

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Die furchtbare Tragödie vor Lampedusa ist ein Armutszeugnis für Europa. Das Sterben von unschuldigen Menschen im Mittelmeer muss sofort gestoppt werden. Niemand verlässt ohne große Not sein Heimatland und begibt sich in die Hände von skrupellosen Schleusern. Zehntausende haben in den vergangenen Jahren versucht, auf gefährlichen Wegen nach Europa zu gelangen. Sie haben keine andere Wahl, denn legale sichere Wege sind ihnen verwehrt. Flüchtlinge versuchen, auf vollkommen untauglichen Booten ohne Nahrung und Wasser aus Krisengebieten zu entkommen. Eine Flucht, die zu viele mit ihrem Leben bezahlen müssen. Damit dieses Leid endlich aufhört, muss Europa seine rigide Abschottungspolitik beenden und nach Lösungen suchen, die das Wohl der schutzsuchenden Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Andrea Schmidt, Leiterin des Kisuaheli-Programms
Andrea Schmidt, Leiterin des Kisuaheli-ProgrammsBild: DW

Tote vor der Festung Europa

Italien, das von Afrika nur 120 Kilometer entfernt ist, zählt zu den Hauptzielen von Flüchtlingen aus afrikanischen Krisengebieten. Ebenso wie die Küste Griechenlands und Maltas sind die Gewässer des Mittelmeers zur Todesfalle für viele Flüchtlinge geworden. Die vielen Toten zeigen: Europa versündigt sich mit seiner Abschottungspolitik, die von militärischen Grenzkontrollen flankiert ist. Die EU drohte Griechenland sogar damit, die Grenzkontrollen wieder einzuführen, wenn es seine Außengrenzen nicht hermetisch abriegelt. Warum hört niemand auf Menschenrechtsorganisationen, die seit Jahren fordern, endlich den gefährlichen Menschenhandel über das Mittelmeer zu stoppen und nach Lösungen zu suchen?

Auch die Gleichgültigkeit in Europa muss aufhören. Europa darf Länder wie Italien nicht allein lassen. Schon schlagen rechtsradikale Parteien aus dem Zustrom Hilfesuchender politisches Kapital. Alle europäischen Länder müssen konstruktiv zusammenarbeiten, um einen fairen und sicheren Zugang für Schutzsuchende zu schaffen. In den Verfassungen der EU-Länder ist das Recht auf Asyl festgeschrieben. Doch wo erhalten Menschen aus Eritrea, Somalia, Afghanistan oder Syrien die Chance, Asyl zu beantragen, das ihnen aufgrund der Verhältnisse in ihren Herkunftsländern zustünde? Die einzige Möglichkeit nach Europa zu fliehen, ist für die meisten, sich kriminellen Menschenhändlern auszuliefern.

Keine Hoffnung in den Heimatländern

Gleichzeitig müssen große Anstrengungen unternommen werden, um die Lebensbedingungen in den Krisengebieten zu verbessern. Die Flüchtlinge aus Eritrea entfliehen einem Land, dessen autoritäre Regierung heute zu den repressivsten der Welt gehört und das systematisch Menschenrechtsverletzungen begeht. Der "failed state" Somalia hat zwar mittlerweile eine Regierung, schafft es aber nicht, staatliche Strukturen aufzubauen und für Sicherheit im eigenen Land zu sorgen.

Die Menschen aus Krisengebieten sehnen sich nach einem Leben in Sicherheit und Frieden. Sie entfliehen Hunger, Krieg und Unterdrückung. Und genau dort - an den Wurzeln der Flüchtlingsproblematik - muss die internationale Gemeinschaft ansetzen. Afrika ist unser Nachbarkontinent. Wir müssen dazu beitragen, die Armut vor Ort zu bekämpfen, und demokratische Veränderungen aktiv unterstützen, um menschenwürdige und sichere Lebensbedingungen zu schaffen. Bis dieses Ziel erreicht ist, muss Europa denjenigen, die Schutz suchen, einen sicheren und fairen Zugang verschaffen. Das Mitte des Jahres in Kraft getretene gemeinsame Asylsystem der EU - von Deutschland mitverhandelt - hat bislang wenig überzeugt. Dass italienische Fischer oder Kapitäne Gefahr laufen, wegen Schlepperei vor Gericht gezerrt zu werden, wenn sie Flüchtlinge in Seenot retten, zeugt von beispiellosem Zynismus gegenüber den Schutzsuchenden.

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