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Kommentar: Europapolitik in Afrika

Ludger Schadomsky20. März 2014

Deutschland signalisiert ein großes zukünftiges Engagement in Afrika. Doch nicht etwa zum Wohle des "vergessenen Kontinents", sondern um einem wichtigen europäischen Nachbarn zu gefallen, meint Ludger Schadomsky.

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Ludger Schadomsky Foto: DW/Per Henriksen
Ludger Schadomsky, Leiter der Amharisch-Redaktion der Deutschen WelleBild: DW/P. Henriksen

Darf es noch ein bisschen mehr sein? Mali, Zentralafrikanische Republik, Somalia… kaum eine Woche vergeht, in der nicht ein neuer afrikanischer Krisenherd genannt wird, an dem sich Deutschland in Zukunft engagieren will. Nicht weniger als sechs Ressorts - Außen, Verteidigung, Entwicklungshilfe, Wirtschaft, Inneres und Landwirtschaft - sitzen am Tisch, wenn unter der Federführung von Außenminister Steinmeier eine neue deutsche Afrikapolitik aus der Taufe gehoben wird. Das Kanzleramt ist ebenfalls vertreten - die Kanzlerin selbst wird sogar zum EU-Afrika-Gipfel Anfang April nach Brüssel reisen.

Soviel Afrika war nie im politischen Berlin - alles gut also für den "Vergessenen Kontinent", den nur die Deutschen vergessen haben, während alle anderen, von Türken bis Indern, vor Ort sind? Mitnichten. Denn an Afrika-Strategie-Papieren mangelt es nicht. Immer wieder wurden in den vergangenen Jahren unter dem Eindruck aktueller Krisen oder dem ideologischen Scramble for Africa mit China Konzepte vorgelegt - um anschließend in einer Mischung von Provinzialität, Desinteresse und der Doktrin der Nichteinmischung zu verstauben.

Eine neue Frankreichpolitik

Auch das jüngste Interesse am Nachbarkontinent entspringt weniger der Erkenntnis, dass Afrika mit einer Milliarde Menschen ein gigantischer Absatzmarkt für die Exportnation Deutschland ist. Oder dass Terrornetzwerke inzwischen einen Gürtel des Grauens von Somalia bis Mali gespannt haben. Nein, die neue deutsche Afrikapolitik ist in Wahrheit eine Frankreichpolitik. Paris ist vergrätzt über den deutschen Kleinmut, wenn es selbst in Nordmali und in der Zentralafrikanischen Republik den Kopf hinhält.

Die Auflösung eines Regimentes der deutsch-französischen Brigade im baden-württembergischem Donaueschingen im Herbst 2013 war kaum ein Zufall; die Stimmung wurde noch frostiger, als Berlin recht rüde eine Kostenumlage für die teuren Operationen in Mali und in der Zentralafrikanischen Republik ablehnte. Die Bereitschaft zu mehr deutschem Engagement in Afrika und der Marschbefehl der deutsch-französischen Brigade nach Mali von Mitte Februar sind also ein Signal an die Seine, und nicht nach Bangui, Bamako oder Mogadischu.

Kompetenzgerangel in den Ministerien

Aber welches Signal genau will man nun senden? Die Partner wollen Kampftruppen, die Verteidigungsministerin Sanitätsflugzeuge - und der Entwicklungsminister zivile Konfliktprävention. Wer die Gemengelage in Afghanistan in Erinnerung hat, sieht mit Sorge, wie die neue Afrikapolitik schon jetzt ins Kompetenzgerangel der Ressorts gerät. Dass nun bis zu 20 deutsche Militärausbilder im Rahmen der europäischen Ausbildungs-Mission EUTM ausgerechnet nach Mogadischu entsendet werden sollen, zeigt die Irrungen und Wirrungen deutscher Afrikapolitik: Denn eben jenes Mogadischu war noch im vergangenen Dezember von Berlin für zu gefährlich befunden worden.

Europapolitik auf dem Rücken Afrikas ist gefährlich und Berlin sollte sich hüten, den Mund zu voll zu nehmen. Sollten die Verbündeten tatsächlich deutsche Kampftruppen für einen Militäreinsatz anfordern, droht die nächste Eiszeit. Denn letztlich bestimmt nicht Berlin oder Paris, sondern Wuppertal über deutsche Kampfeinsätze. Dort und anderswo in der Provinz wohnen deutsche Wähler - und lehnen nach jüngsten Umfragen mehrheitlich eine Ausweitung von Auslandseinsätzen ab. So einfach ist das.