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#FalscheLiebe

Joscha Weber Bonn 9577
Joscha Weber
10. Mai 2016

Der Fall Mats Hummels zeigt, dass die Bundesliga auf eine Ära der Langeweile zusteuert - und dass das BVB-Versprechen "#EchteLiebe" doch bloß Marketing ist, kommentiert DW-Sportredakteur Joscha Weber.

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Fußball Bundesliga Borussia Dortmund - FC Augsburg
Bild: Bongarts/Getty Images/A. Grimm

Eigentlich ist Schweigen gar nicht so sein Ding. Mats Hummels ist eloquent, ein guter Redner und auf dem Platz auch im verbalen Sinne der Anführer seines Teams. Doch aktuell schweigt Hummels. Auf seiner Facebookseite findet sich nichts zu seiner momentan viel diskutierten sportlichen Zukunft. Stattdessen fährt er auf einem Foto in einem adretten Jeans-Anzug mit breitem Grinsen und Drei-Tage-Bart Fixiebike und macht dabei ein Selfie (trendiger geht's wohl kaum) und postet auf Twitter ein Bild von sich und Nico Rosberg bei einem Werbedreh. Doch seit ein paar Tagen ist es ungewöhnlich still auf den Kanälen des kommunikativen Mats Hummels. Und das ist vermutlich gut so.

Denn mit seinem Entschluss, Borussia Dortmund verlassen zu wollen und ausgerechnet zum Rivalen FC Bayern München zu wechseln, hat Mats Hummels viele seiner (schwarz-gelben) Fans tief getroffen. Sie reagieren in den sozialen Netzwerken mit Unverständnis auf die Entscheidung des Dortmunder Abwehrchefs: "Als BVB-Kapitän eigentlich nicht mehr tragbar", schreibt einer, ein anderer ist menschlich "von Hummels einfach nur enttäuscht", Hummels habe "sich selbst disqualifiziert", zieht ein weiterer Anhänger Bilanz.

Harte Worte, die von verletzten Fan-Gefühlen zeugen. Fans, für die #EchteLiebe ein ernstgemeinter Slogan ist. Dieser Marken-Claim des BVB ist das, was in Dortmund viele empfinden. Er steht für die in Deutschland wohl einmalige Verbindung zwischen Stadt und Verein. Der BVB ist für viele Menschen aus dem Ruhrpott eine Herzensangelegenheit - #EchteLiebe eben. Der Fall Hummels zeigt: Für die allermeisten Profis ist es doch bloß Marketing.

Spieler lieben ihre Autos und ihren Gehaltsscheck - aber ihren Arbeitgeber?

Treuebekenntnisse sind im Profisport meist mit einem Haltbarkeitsdatum versehen. Die Emotionalität, mit der die Vereine ihre Spieler bei den Fans vermarkten, ist eine gespielte. Die meisten Profis lieben ihre Frauen, viele ihren Sportwagen, manche ihre Playstation und ziemlich sicher alle ihren Gehaltsscheck. Aber ihren Arbeitgeber? Ach komm…

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Sportredakteur Joscha Weber

Hinter den Kulissen geht es bei der Entscheidung, ob ein Spieler bei einem Club bleibt, nicht um die Zuneigung zu Fans und Verein, sondern um harte Faktoren wie Jahresgehalt, Prämien, Boni für den Berater und manchmal auch Einsatzgarantien. Die von den Fans gelebte Romantik prallt auf die nüchterne Realität des Profigeschäfts. Und in dem mutieren auch Sympathieträger wie der Dortmunder Kapitän ganz plötzlich zu "Verrätern", die ausgerechnet zum ärgsten Konkurrenten wechseln.

Die Bayern haben es geschafft

Die Bayern haben es wieder einmal geschafft und angeln sich einen der besten Spieler der Bundesliga. Die Tatsache, dass die Emotionen dieses Mal nicht ganz so hoch kochen wie im Fall Mario Götze (auch dieser Wechsel wurde übrigens vor einem anstehenden Finale zwischen München und Dortmund publik) hat vermutlich mit einer gewissen Resignation bei den Fans zu tun. Dass der FC Bayern den besten Konkurrenten die Schlüsselspieler wegkauft, ist seit Jahrzehnten gängige Praxis. Dass die Münchener dies aber so ausdauernd bei Borussia Dortmund tun, ist ein Zeichen dafür, wie groß der Respekt vor dem einzigen echten Gegner im deutschen Fußball ist.

In einem fußballerischen Zeitalter, in dem der FCB die Meisterschaft als Selbstverständlichkeit einplant, ist Borussia Dortmund der einzige potentielle Spielverderber. Mit dem Abwerben des Anführers wollen sich die Bayern auch des letzten Verfolgers entledigen. Wer bedenkt, welch wichtige Rolle Mats Hummels mit seiner Spielübersicht, Defensivqualität und sogar Torgefahr für den BVB spielt, muss einsehen, dass es die Bayern damit vermutlich auch geschafft haben könnten. Die Bundesliga betritt nach menschlichem Ermessen zumindest im Titelkampf eine Ära der Langeweile.

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