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Kommentar: Fast wie die Mafia

4. März 2016

Der Freshfields-Bericht zur WM-Affäre 2006 lässt die wichtigste Frage unbeantwortet: War das "Sommermärchen" gekauft? Die Tendenz aber ist klar, findet DW-Sportredakteur Stefan Nestler.

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Franz Beckenbauer mit Sepp Blatter und Mohammed bin Hammam
Welche Rollen spielten Beckenbauer (l.), Blatter (2.v.l.) und Hammam (r.) bei der WM-Vergabe 2006 wirklich?Bild: Getty Images/AFP/K. Jaafar

Die Ergebnisse des Freshfields-Reports stehen unter einem Vorbehalt: Wie unabhängig kann eine Untersuchung sein, bei der derjenige, dessen Treiben untersucht wird, gleichzeitig der Auftraggeber ist und mehr als eine Million Euro dafür zahlt? Bewerten lässt sich jedoch erst einmal nur, was auf dem Tisch liegt. So viel wurde deutlich: Der DFB hat im Umfeld der WM 2006 krumme Dinger gedreht. Millionensummen flossen zwischen den Verantwortlichen des WM-Organisationskomitees, dem früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus und der Schweiz hin und her und landeten schließlich in Katar bei einer Gesellschaft, hinter der Mohamed bin Hammam stand. Sein Name steht wie kaum ein zweiter für die Korruption in der FIFA-Ära unter Joseph Blatter: Die Ethikkommission sperrte Bin Hammam, der als Stimmenkäufer vor dem Herrn galt, lebenslang - und das bereits 2012, als noch niemand ahnte, dass die Wogen des FIFA-Skandals letztlich auch Blatter wegspülen würden.

Wohin flossen die Millionen?

Es wirkte fast, als wollte DFB-Interimspräsident Rainer Koch unter allen Umständen verhindern, dass Deutschlands "Sommermärchen" befleckt wird. Koch betonte in seiner ersten Stellungnahme, dass die Freshfields-Ermittler immerhin keinen Beweis für einen Stimmenkauf vor der WM 2006 gefunden hätten. Man könne ihn aber auch nicht ausschließen, hatte Freshfields-Anwalt Duve bei der Präsentation zuvor jedoch betont. Eine Frage, Herr Koch, drängt sich doch auf: Wofür flossen denn insgesamt zehn Millionen Schweizer Franken nach Katar? Als Fußball-Entwicklungshilfe für einen Staat mit einem der höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt?

Der "Kaiser" Teil des Konstrukts

Der Schatten, der in der Affäre auf die vermeintliche Lichtgestalt des deutschen Fußballs, Franz Beckenbauer fällt, wird immer länger. Freshfields belegte, dass sechs Millionen Schweizer Franken von einem Konto, das auf Beckenbauer und dessen Berater Robert Schwan lief, zunächst an eine Schweizer Kanzlei und dann wieder zurück floss - Letzteres in dem Moment, als Dreyfus seine Millionen auf die Reise schickte, die dann in Katar landeten. Schwan und Dreyfus, die möglicherweise enthüllen könnten, inwieweit der "Kaiser" selbst eingebunden war, sind verstorben. Und so bleibt bis dato eben nur Beckenbauers Äußerung, er habe einfach nur alles unterzeichnet, was man ihm vorgelegt habe. Mag sein, dass er genauso gestrickt ist, aber ganz so einfach kann er es sich nun nicht mehr machen. Beckenbauer war Teil des Konstrukts, mit dem Millionenbeträge verschoben wurden. Die Art und Weise, wie das geschah, erinnert an Mafia-Methoden. Das immerhin hat der Freshfields-Bericht zu Tage gefördert. Restlos aufgeklärt ist die Affäre damit lange noch nicht. Denn der Verdacht des Stimmenkaufs steht weiter im Raum.

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DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter