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Gipfel ohne Konturen

9. Juli 2015

Die Welt rätselt seit langem: Was nur verbindet die fünf größten Schwellenländer, was eint die Staatengruppe der Schanghai-Organisation? Den Doppelgipfel im russischen Ufa kommentiert Christian F. Trippe.

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Staatenlenker beim BRICS-Gipfel in Ufa (Foto: Reuters/S. Karpukhin)
Bild: Reuters/S. Karpukhin

Die BRICS - Brasilien, Indien, China, Russland und Süd-Afrika - werden immer wieder als Konkurrenzstaatengruppe zu den G7 dargestellt, als Gegengewicht zur informellen Gruppe der "klassischen" westlichen Industriestaaten. Ein bisschen sehen sie sich selbst auch so - aber eben nur ein bisschen. Während China die Kraft und Russland den Willen dazu hat, dem Westen etwas entgegenzusetzen, fehlt es bei den anderen dreien an beidem. Brasilien, Indien und Südafrika sind Demokratien, die überhaupt kein Interesse an einer Konfrontation mit dem Westen haben. Russland und China hingegen sind autoritär verfasste Staaten, ihr Verhältnis zum Westen ist instrumentell. Daran dürfte sich so bald auch nichts ändern.

Trotzdem fühlen sich die BRICS-Länder ja augenscheinlich ganz wohl in ihrem Club, gründen eine gemeinsame Entwicklungsbank, verabreden bilateral Zusammenarbeit hier, schieben dort ein neues zwischenstaatliches Projekt an. Ein BRICS-Gewerkschaftsforum übt zudem Kritik an der "neoliberalen Globalisierung". Das wirkt wohlfeil, gerade aus dem Munde eines chinesischen Gewerkschafters. In China, das wie kein anderes Land eben diesen global agierenden Liberalismus zur Doktrin seiner Exportindustrie erhoben hat, bekennt sich die kommunistische Führung ja auch formelhaft zu den Lehren von Papa Marx.

In Ufa wurde auch über Programmpunkte wie den "BRICS-Beitrag im Kampf gegen Infektionskrankheiten" geredet. Genau damit hatte der letzte G7-Gipfel Anfang Juni im bayerischen Elmau sich ja auch schon befasst, mit dem Kampf gegen Ebola und andere Epidemien. Hier wirkte der Gipfel von Ufa wie ein mattes Echo auf das, was "der Westen" schon angeschoben hatte. Doch mehr als solch matter Widerhall war da nicht. Den BRICS fehlt - mangels gemeinsamer Werte - jeglicher glaubhafte universalistische Anspruch. Klimaretter oder die Verteidiger von Bürgerrechten meldeten sich in Ufa nicht zu Wort.

DW-Korrespondent Christian F. Trippe
DW-Korrespondent Christian F. TrippeBild: DW

Weiter ein loser Verein

Was die BRICS eint, ist der politische Austausch über das, was Schwellenländer an politischen und sozialen Erfahrungen teilen. Dazu gehört auch, den Tonfall aus Washington oder den Hauptstädten ehemaliger Kolonialmächte leid zu sein. Die Grenze vom gutgemeinten Ratschlag zur politischen Bevormundung ist schnell überschritten. Darin schon ein antiwestliches Moment zu erkennen, bleibt allein dem Gastgeber, Russlands Präsidenten Putin vorbehalten. Russlands Versuche, den Doppelgipfel zu politisieren, gingen weitgehend ins Leere. Die BRICS bleiben wohl ein loser Verein.

Dagegen steht die Schanghai-Organisation (SCO) vor echten Bewährungsproben, die sie nur mit einer Organisationsstruktur wird meistern können. Gegründet wurde sie, um die sicherheitspolitische Zusammenarbeit in Zentralasien zu verbessern. Das wird bald bitter nötig, da sich NATO und USA immer weiter aus Afghanistan zurück ziehen - die Taliban aber mitnichten besiegt und IS-Kämpfer dort bereits anzutreffen sind. Die Lage ist so ernst, dass nun auch die Erzfeinde Pakistan und Indien der SCO beitreten. Wenn das Folgen hat, dann nur gute.

Wer ist der größte Feind?

Was in der wiederbelebten Block-Rhetorik dieser Tage gerne übersehen wird: Auch die USA haben vor ein paar Jahren erst versucht, in der SCO einen Beobachterstatus zu bekommen. Die SCO hat das damals aber abgelehnt. In den USA wird derzeit die Gefahr, die dem Westen, dem NATO-Bündnisgebiet aus Russland droht, hoch eingeschätzt. Viele Politiker und Militärs in den USA sehen in Russlands aggressiver Außenpolitik derzeit sogar die größte Bedrohung überhaupt. Dagegen gilt den BRICS-Staaten und der Schanghai-Organisation der "Islamische Staat", verkörpert durch die IS-Miliz, als größte Bedrohung der globalen Sicherheit.

Spätestens jetzt ist aber zu fragen, warum russische Staatsmedien dann die ukrainische Regierung immer so darstellen, als ob die eigentliche Bedrohung für den Weltfrieden von Kiew ausginge? Aber das nur am Rande. Auch im Westen mehren sich besonnene Stimmen, die in der Konfrontation des Westens mit Russland wegen der Ukraine den "falschen" Konflikt sehen - und ebenfalls mehr gemeinsame Anstrengungen gegen den Brutalo-Islamismus im Krisengürtel von Tunesien über Jemen bis Pakistan für geboten halten.