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Kommentar: Glücksfall für Bernie

Tobias Oelmaier23. November 2014

Der durchaus verdiente WM-Titel für den Briten Lewis Hamilton ist nicht mehr als eine lebensverlängernde Maßnahme für die kriselnde Formel 1, kommentiert DW-Redakteur Tobias Oelmaier.

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Lewis Hamilton und Bernie Ecclestone
Bild: picture alliance/Panimages

"Lewis Hamilton wäre der bessere Champion für diesen Sport", hatte Formel-1-Macher Bernie Ecclestone vor dem Saisonfinale einen klaren Favoriten. Hamilton ist Popstar, sieht gut aus, die Leute kennen ihn - rund um den Erdball. Er ist eine Marke, kann Emotionen transportieren. Wie die Formel 1. Das heißt: Wie es die Formel 1 früher einmal tat.

Denn die Königsklasse des Motorsports schwächelt. Das ist omnipräsent. Schwindende Spannung, schwindende Lautstärke, schwindender Benzinverbrauch, schwindende Zuschauerzahlen, schwindende Einschaltquoten, schwindende Teams. Die Rennen immer seltener auf legendären Kursen in Europa, dafür immer häufiger auf Retortenstrecken in den Emiraten, Sotschi oder Singapur.

Marussia war in Abu Dhabi gar nicht mehr dabei, weil der Rennstall insolvent ist, Caterham konnte nur mithilfe von Spendengeldern noch einmal antreten. Dazu kämpfen drei weitere "Kleine" um ihre Existenz: Force India, Sauber und Lotus fordern dringend eine gerechtere Verteilung der bislang noch üppigen Einnahmen aus dem Pool, sonst ist auch ihr Fortbestand arg gefährdet.

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DW-Redakteur Tobias OelmaierBild: DW / Christel Becker-Rau

Erstmals seit fast 50 Jahren war dies eine Saison, in der weder Ferrari, noch Williams oder McLaren einen Sieg einfahren konnten. In 19 Rennen holten 16 Mal Mercedes-Fahrer den ersten Platz, dreimal gewann ein Red Bull - das dominierende Auto der letzten vier Jahre. Die Formel 1 ist langweilig. Da können sie an den Regeln drehen, wie sie wollen. Wer keinen Etat von mehreren hundert Millionen Euro pro Jahr stemmt, fährt hinterher.

Zu perfekt ist schlecht fürs Geschäft

Da wäre ein perfekter deutscher Fahrer (Rosberg) in einem perfekten deutschen Auto (Mercedes) genau der Falsche gewesen. Wenn schon die Formel 1 selbst nicht mehr in der Lage ist, Emotionen zu produzieren, dann soll das wenigstens der Weltmeister übernehmen. Wenn schon die Formel 1 selbst nicht in der Lage ist, für Abwechslung auf dem Siegerpodest zu sorgen, dann sollte sich wenigstens die Nationalität des Weltmeisters ab und an mal ändern - bei der deutschen Übermacht mit elf Titeln, sieben für Michael Schumacher, vier für Sebastian Vettel in den letzten 20 Jahren.

Das soll alles die Leistung eines Lewis Hamilton nicht schmälern. Er hat es, trotz eines Ausfalls mehr gegenüber Rosberg, auf elf Saisonsiege gebracht, ist überragend und sportlich fair gefahren. Hamilton ist - kein Zweifel - ein verdienter Weltmeister. Aber eben auch der, der Ecclestone im Moment zupass kommt. Dennoch ist der Titel für den Briten nicht mehr als eine lebensverlängernde Maßnahme. Der alternde Bernie Ecclestone muss seinen Koma-Patienten Formel 1 dringend zur Kur bringen, zur Generalüberholung, sonst ist es bald vorbei mit dem Zauber um die Königsklasse des Motorsports.