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Heldenhafte Entscheidungen zu Griechenland

Engel Dagmar Kommentarbild App (Foto: DW)
Dagmar Engel
16. August 2015

Das griechische Parlament hat seine dramatische Entscheidung gerade hinter sich, der Deutsche Bundestag noch vor sich. Und es gibt viel Theaterdonner vor der Sondersitzung, findet Dagmar Engel.

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Die Sondersitzung des Bundestags zu Griechenland am 17. Juli 2015 (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Die Sache selbst ist durch. Am Mittwoch wird der Deutsche Bundestag dem dritten Hilfspaket für Griechenland zustimmen. Hart hat die Regierung verhandelt, die Bundeskanzlerin im Juli auf dem EU-Gipfel, der Bundesfinanzminister jetzt nochmal am vergangenen Freitag. In weiten Teilen haben sie sich durchgesetzt mit ihrem Ansatz: Hilfen nur gegen Reformen und das auch nur unter strenger Kontrolle. Die beiden wissen, dass sie nur so den Bundestag hinter sich bringen konnten. Der Preis dafür war hoch, das Ansehen Deutschlands hat gelitten. Nach einer Phase großer Sympathie wird unser Land wieder als unangenehm dominant wahrgenommen.

Abstimmung in Urlaubsstimmung?

Dagmar Engel (Foto: DW)
Dagmar Engel, Chefredakteurin des DW-Hauptstadtstudios

Die Abgeordneten, die ihren Urlaub nicht daheim im Wahlkreis, sondern im Ausland verbracht haben, kommen mit diesem Eindruck direkt zurück in die Sondersitzung des Bundestags nach Berlin. Vielleicht bedrückt und beeindruckt es auch den einen oder anderen so, dass er sich nochmal überlegt, ob er gegen das Hilfspaket stimmen will. Die Gegenstimmen sind es, die diese Abstimmung in der deutschen Öffentlichkeit interessant machen. Nicht alle Gegenstimmen selbstverständlich, sondern die der CDU, der Partei der Bundeskanzlerin. Deren Zahl wächst mit jeder Griechenlandhilfe, die durchs Parlament muss: 2010, beim ersten Paket, stimmten vier dagegen, 2012 waren es 13 und im Februar dieses Jahres 29 CDU-Abgeordnete, die dagegen stimmten. Im Juli waren es schon 60 Abweichler. Die Fraktionsführung reagierte mit Druck, das ist üblich, aber diesmal mit öffentlichem Druck, das war ungeschickt - und überflüssig.

Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen

Groß war der Aufstand der Anständigen, der Abgeordneten und vieler ihrer Wähler. Schließlich sei der Abgeordnete qua Grundgesetz nur seinem Gewissen verpflichtet. Das unterstützt der Wähler unbedingt, mindestens solange das Gewissen des Abgeordneten seiner, der Meinung des Wählers, entspricht. Die ist in der Frage des Griechenlandpakets ziemlich klar: 57 Prozent der Deutschen sind gegen das Hilfspaket, das zur Abstimmung steht, mehr als 80 Prozent glauben nicht daran, dass Griechenland seinen darin enthaltenen Verpflichtungen nachkommt. Kein Wunder, dass Abgeordnete, die diese Stimmung im Wahlkreis mitbekommen, sich plagen. Sollen sie aber auch - sie sollen gewissenhaft prüfen, was nach bestem Wissen und Gewissen die richtige Entscheidung ist. Und wenn sie merken, dass ihnen das Sach-Wissen fehlt, sich wie in anderen Fällen auch, den Fachleuten der Fraktion anschließen.

Keine Götterdämmerung für Angela Merkel

Aber die Versuchung, sich für den Wähler als unbeugsamer Held zu stilisieren, mag für den einen oder anderen zu groß sein. Ist auch eine schöne Gelegenheit, mal aufzubegehren. Im Unterschied zum angerichteten Imageschaden im Ausland und zu den Hilfen für Griechenland kostet es nämlich praktisch - nichts: Die Mehrheit der Regierungskoalition ist so immens groß, dass ein paar zusätzliche Abweichler locker zu verkraften sind. Eine Zerreißprobe der CDU daraus abzuleiten, gar die Götterdämmerung für Angela Merkel heraufzubeschwören, geht an der Wirklichkeit weit vorbei: Nach der jüngsten - ebenfalls positiven - Griechenlandentscheidung im Bundestag stiegen die Zustimmungswerte für die CDU um einen Prozentpunkt auf 42 Prozent. An dieser Abstimmung entscheidet sich das Schicksal der deutschen Regierung definitiv nicht.

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