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Junge Popstars, Nationalfähnchen und die China-Frage

HA Asien | Philipp Bilsky Kommentarbild App
Philipp Bilsky
17. Januar 2016

Nach der Wahl der neuen taiwanesischen Präsidentin bleibt die Sorge um die Stabilität in der Region. Doch Tsai Ing-wen scheint sich ihrer Verantwortung sehr bewusst zu sein, meint Philipp Bilsky.

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Tsai Ing-wen (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/P. Chuang

Vor allem ein Ereignis machte kurz vor dem Urnengang noch einmal sehr deutlich, welches Thema immer eine Rolle spielt, sobald in Taiwan gewählt wird: das Verhältnis von Taiwan und seinem großen Nachbarn China. Ein junger taiwanesischer Popstar hatte bei einer Tour in Südkorea eine taiwanesische Flagge gezeigt. Ihr Management zwang sie daraufhin, sich zu entschuldigen - aus Angst vor Einbußen im chinesischen Markt. Die eingeschüchterte 16-Jährige erklärte, beide Seiten der Taiwanstraße seien doch ein Teil Chinas, und dass sie stolz darauf sei, eine Chinesin zu sein. Die Folge: ein Sturm der Entrüstung in den sozialen Netzen Taiwans. Sogar die neue Präsidentin Tsai Ing-wen ging in ihrer Siegesrede auf den Vorfall ein.

International hatte auch fast ausschließlich dieses Thema - die Beziehungen zwischen Taipeh und Peking - im Fokus gestanden. Während es für die meisten Wähler in Taiwan überwiegend um die schlechte wirtschaftliche Lage der Insel gegangen war. Tsai Ing-wen hatte sich in der China-Frage in den Wochen vor der Wahl nie wirklich klar positioniert. Zwar hatte sie immer wieder betont, am "Status quo" im Verhältnis zu China festhalten zu wollen. Gleichzeitig war sie aber wiederholt ausgewichen, wenn sie nach dem sogenannten "Konsens von 1992" gefragt wurde. Nach dieser Formel sind sich Taipeh und Peking einig, dass es nur ein China gibt, wobei unterschiedliche Sichtweisen akzeptiert werden, was darunter verstanden werden kann.

Philipp Bilsky (Foto: DW)
Philipp BilskyBild: DW

Weiterhin Sorge um Stabilität

Die internationalen Reaktionen auf den Wahlsieg Tsais zeigen, dass die Sorge um die Entwicklung der taiwanesisch-chinesischen Beziehungen weiterhin besteht. Die USA unterstrichen, dass sie mit den Taiwanesen das Interesse an “Frieden und Stabilität” teilten. Und sie bedankten sich gleich noch beim scheidenden Präsidenten Ma Ying-jeou für die Verbesserungen des Verhältnisses zwischen Taipeh und Peking. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, die Aufrechterhaltung von Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße habe für Deutschland höchste Priorität.

Niemand kann zum jetzigen Zeitpunkt seriös vorhersagen, wie sich die Beziehungen zwischen Taiwan und China entwickeln werden. Allerdings: Tsai Ing-wen unterstrich in ihrer Siegesrede erneut, sie werde China nicht provozieren. Außerdem versprach sie eine “berechenbare Beziehung” zu pflegen und für ein stabiles Umfeld zu sorgen. Ein Zeichen, dass sich die neue Präsidentin Taiwans ihrer Verantwortung für die Stabilität in der Region äußerst bewusst ist.