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Margaret Court Arena umbenennen

DW Kommentarbild David Vorholt
David Vorholt
30. Dezember 2019

Australiens Tennis-Idol Margaret Court äußert sich erneut homophob. Nicht ihre erste, aber hoffentlich die letzte Entgleisung, während ein Stadion im Melbourne Park ihren Namen trägt, meint DW-Redakteur David Vorholt.

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Das Tennis-Stadion "Margaret Court" in Melbourne
Die Margaret Court Arena in Melbourne während der Australian Open 2019 Bild: Getty Images/Afp/P. Parks

Am 20. Januar beginnen in Melbourne die Australian Open - eines der vier bedeutendsten Tennis-Turniere der Welt. Aufgeschlagen wird auf insgesamt 22 der berühmten blauen Hartplatz-Courts - darunter die drei größten Stadien der Anlage Rod Laver Arena, Hisense Arena und Margaret Court Arena. Alles also wie in jedem Jahr?

Nein, dieses Mal sollte es anders sein. Der Veranstalter Tennis Australia sollte sich dazu entscheiden, das drittgrößte, nach der 24-maligen Grand-Slam-Siegerin Margaret Smith Court benannte Stadion umzubenennen - und das schnell. Keine Debatte, keine Diskussion, kein Für und Wider, sondern konsequentes Handeln und eine eine unmissverständliche Botschaft sind nötig.

Denn was die bereits in der Vergangenheit mit homophoben Aussagen negativ aufgefallene 77-Jährige Court dieses Mal vor einer evangelikalen Gemeinde im westaustralischen Perth förmlich aus sich heraus speite, lässt selbst ihre homophoben Aussagen der Vergangenheit zur gleichgeschlechtlichen Ehe ("nichts legitimieren, was Gott widerwärtige sexuelle Praktiken nennt") verhältnismäßig glimpflich erscheinen. "Der Teufel ist in die Medien, die Politiker, die Erzieher und das Fernsehen gefahren", wetterte die ehemalige Tennis-Spielerin ihren Zuhörern von der Kanzel der evangelikalen Kirche entgegen und lies eine Tirade gegen Homosexualität und Transgender folgen. 

Umbenennung unausweichlich 

Margaret Court beim Fed Cup Dinner 2019
Die 77-jährige Margaret Court fällt nicht zum ersten Mal mit Homophobie aufBild: Getty Images/P. Kane

Homophobie und Hass à la Margaret Court dürfen im Sport nirgends auch nur ansatzweise Platz finden und eine Bühne bekommen. Schon gar nicht in Melbourne, einer Ikone von Pluralität, multiethnischem Zusammenleben und liberalem Geist unter den Metropolen dieser Welt. Und genauso wenig bei den Australian Open, die sich selbst als "Happy Slam" bezeichnen und in ihrem Image viel mehr der Zukunft, als der Tradition - wie beispielsweise Wimbledon - zugewandt sind. Jedes Tennisturnier dieser Welt sollte - nein muss - ein Stadion umbenennen, das nach jemandem benannt ist, der solche Thesen vertritt. Für die Australian Open und Melbourne gilt dies aus besagten Gründen umso mehr. 

Die Strategie von Turnierdirektor Craig Tiley, dem Thema wie vor zwei Jahren als Court bei einem christlichen Radiosender gesagt hatte, dass "der Tennissport voll von Lesben" sei und "wir hier sind, um ihnen zu helfen und nicht gegen diese Leute sind", darf keine Sekunde länger die Marschroute dieses Turniers sein. Die Benennung sei "einzig den sportlichen Erfolgen geschuldet" hatte Tiley damals gesagt und wich der Konfrontation mit einem Thema und seinen Folgen aus, dem er nun nicht mehr ausweichen kann, ohne alles, wofür Melbourne und die Australian Open stehen auf dem Altar der Feigheit zu opfern.

Margaret Smith Court und ihre Ansichten sind radikal religiös. Würde sie einer anderen Religion angehören, die Verantwortlichen hätten wohl keinen Wimpernschlag benötigt, um alles, was mit ihrem Namen im Verbindung gebracht wird von Stadion, Gelände und am besten aus der Geschichte des Turniers "auszulöschen". 

Die Chance, Überlegenheit zu demonstrieren

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DW-Redakteur David Vorholt

An diese Stelle möchte ich nicht falsch verstanden werden: Keineswegs bin ich dafür in einem törichten Versuch der Geschichtsumschreibung den Namen dieser großartigen Tennis-Spielerin, die 24 Grand-Slam-Turniere gewinnen konnte, von den Australian Open und aus der Geschichte des Sports zu verbannen. Denn erstens ist das ohnehin nicht möglich und zweitens wäre dies der Versuch, Extremismus mit extremen Maßnahmen zu bekämpfen.

Hier geht es einfach nur darum, ein Zeichen gegen Homophobie und Hass gegenüber diversen sexuellem Orientierungen zu setzen. Und das mit einer simplen Maßnahme - dem Umbenennen des Stadions im Melbourne Park. Kein großes Aufsehen, keine emotionalen Videobotschaften oder Ähnliches: eine kurze Pressemitteilung, in der ein neuer Name des Stadions verkündet wird, fertig. Eine Begründung: quasi obsolet. Es wäre eine Demonstration der Überlegenheit von Toleranz und eine große Chance für das Turnier und seinen Veranstalter, den Australischen Tennisverband. 

Navratilova und King müssen endlich gehört werden

Martina Navratilova heiratet Freundin Julia Lemigova
Tennis-Legende Martina Navratilova und ihre heutige Frau Julia Lemigova bei dem US Open 2014Bild: picture-alliance/dpa/J. Lane

Vorschläge gibt es, wie die Forderung nach der Umbenennung schon seit geraumer Zeit. Tennis-Legende Martina Navratilova, die sich als 1980 als weltweit erste Spitzensportlerin als homosexuell outete, schlug in der Vergangenheit immer wieder die Umbenennung des Stadions in "Evonne Goolagong Arena" vor. Evonne Goolagong Cawley ist Aborigine-Frau und einer der erfolgreichsten australischen Tennis-Spielerinnen der Geschichte. 

Auch Tennis-Ikone Billie Jean King, die sich ein Jahr nach Navratilova outete und nach der das Nationale Tenniszentrum, Spielort der US Open, der USA in New York City benannt ist, fordert seit Jahren eine Umbenennung und wird damit nun hoffentlich endlich Erfolg haben. "Was sie für abwertende Dinge gegenüber meiner Gemeinde gesagt hat, trifft mich tief. Ich glaube, die Arena sollte nicht mehr ihren Namen tragen", hatte King nach Courts besagtem Radiointerview vor zwei Jahren gesagt und wissen lassen, dass sie die Arena in Melbourne nicht mehr betreten wolle, so lange sie so heiße.  

"Wir wissen nämlich jetzt alle, wer Margaret Court ist", schrieb wiederum Navratilova seinerzeit in einem offenen Brief: "Eine einst herausragende Tennisspielerin und eine homophobe Rassistin." Das ist so kurz wie richtig. Das entscheidende Wort ist das "und". Denn Margarete Smith Court ist beides - die Tennis-Legende der 60er und 70er und die homophobe Evangelikale nach der heute kein Stadion mehr benannt sein sollte. Das eine schließt das andere nicht aus, noch viel weniger löscht es sich gegenseitig aus.

Lange Zeit war es richtig und legitim, ein Stadion nach dieser Ausnahme-Sportlerin zu benennen, doch lange ist es mit dieser Legitimation her. Wenn es noch einen Beweis dafür benötigt hätte, Court hätte ihn jüngst erbracht. Wenn am 20. Januar die Australian Open in Melbourne beginnen, werde ich als Journalist vor Ort sein. Ich werde mit Freude die Matches auf den vielen Außencourts, in der Hisense- und in der Rod Laver Arena verfolgen. Ich hoffe, ich werde nicht die Margaret Court Arena betreten, wenn ich das drittgrößte Stadion der Anlage besuche. 

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David Vorholt Redakteur, Reporter und Autor in der DW-Sportredaktion