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Kein Bildungsnotstand mehr in Deutschland

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Jens Thurau
15. September 2016

Deutschland steht bei der Bildung gut da, so der Bericht der OECD. Mehr tun könnte das Land aber bei der frühkindlichen Erziehung. Auch die vielgescholtenen Lehrer sollten besser behandelt werden, meint Jens Thurau.

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Bild: picture-alliance/dpa/T. Eisenhuth

Wie steht es um die Bildung in Deutschland, einem der reichsten Industriestaaten der Welt? Vor Jahren versetzte der PISA-Schock das Land in Alarmbereitschaft, als sich herausstellte: Viele Länder, nicht nur in Europa, bringen bessere Schüler hervor, mehr junge Menschen, die mehr Sprachen sprechen als die Deutschen, bessere Naturwissenschaftler. Von dieser Alarmstimmung kann im aktuellen Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) keine Rede mehr sein.

Duales System hat sich bewährt

Das größte Lob: In keinem anderen Industrieland sind so viele junge Menschen entweder schon erwerbstätig oder haben einen Ausbildungsplatz. Der Grund dafür: Die berufliche Bildung, der Mix aus Allgemein- und Berufsschulen. Vor Jahren noch wurde sie als altmodisch belächelt, als anderswo jeder, der was auf sich hielt, seine Kinder über höhere Schulen und Universitäten im Eiltempo in die akademische Karriere trieb. Ein Sog, dem sich auch Deutschland lange nicht entziehen konnte. Heute trägt - das sieht auch die OECD so - die jetzt schon länger andauernde wirtschaftliche Stärke des Landes, das Anfang der 2000er Jahre als "kranker Mann Europas" galt, dazu bei, dass viele Beschäftigungsmöglichkeiten da sind.

Teure Kitas

Aber ausruhen sollte sich die Politik auf dieser guten Nachricht nicht. Denn der Bericht zeigt auch Schwachstellen auf: Der Staat investiert mehr als andere Staaten in die universitäre Ausbildung des Einzelnen, auch, weil Studiengebühren wenig populär sind. Aber bei der frühkindlichen Erziehung bittet der Staat die Eltern überproportional zur Kasse. Dabei sind gerade die Kitas der Ort, wo sich soziale Unterschiede, auch kulturelle - wenn man an die Migranten denkt - am ehesten ausgleichen lassen. Lange Zeit war die Frage "Kita-Besuch ja oder nein" auch die Bühne für eine heftige kulturelle und politische Debatte in Deutschland. Das ist vorbei. 94 Prozent der Dreijährigen besuchen jetzt in Deutschland eine Kita, vorbei die Zeit, als den Eltern angelastet wurde, ihre ganz Kleinen im Stich zu lassen. Nur müssen deutsche Eltern in dieser Lebensphase eben mehr Geld aufwenden als Eltern in anderen Ländern.

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DW-Redakteur Jens Thurau

Lehrer mehr achten

Und schließlich, die Lehrer: Nach dem PISA-Schock wurde in Deutschland über 12 oder 13 Jahre bis zum Abitur gesprochen und über Klassengrößen. Nur ab und zu hörte man die Ansicht von Bildungsexperten: Egal, welche Strukturen da sind, wir müssen mehr auf die Qualität unserer Lehrer achten, damit steht und fällt die Qualität der Bildung. Der OECD-Bericht aber stellt fest: In der gymnasialen Oberstufe unterrichtet ein Lehrer in Deutschland 714 Stunden im Jahr, einer in Japan nur 513. Der japanische Kollege hat einfach mehr Zeit für die Weiterbildung. Und das Gehaltsgefüge in Deutschland belohnt engagierte Lehrer kaum, die Höhe des Lohns bemisst sich meist nach der Anzahl der Jahre im Dienst, nach dem Alter der Lehrer. Das lässt sich aber nur ändern, wenn der Lehrerberuf insgesamt in Deutschland aufgewertet wird, wie der der Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas im Übrigen auch.

Insgesamt gilt: Deutschland hat bei der Bildung aufgeholt, von Bildungsnotstand kann keine Rede mehr sein. Aber zu tun gibt es noch genug.

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