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Politik

Kein Platz für Homophobie in der Verfassung

Schwartz Robert Kommentarbild App
Robert Schwartz
9. Oktober 2018

Das Referendum über ein Verbot der Homo-Ehe in der rumänischen Verfassung ist gescheitert. Die Mehrheit der Wähler blieb klugerweise zu Hause. Und noch einer mehr wäre besser weggeblieben, meint Robert Schwartz.

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Referendum über Verfassungsänderung in Rumänien
Die Stimme von Patriarch Daniel, das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche Rumäniens, änderte nichts am AusgangBild: picture-alliance/A.Alexandru

Es sollte der ganz große Wurf einer "heiligen" Allianz aus Traditionalisten, Propagandisten und orthodoxer Kirche werden: Die Ehe als alleiniges Bündnis zwischen Mann und Frau sollte Einzug halten ins rumänische Grundgesetz! Per Referendum. Nicht länger könne die bisherige geschlechtsneutrale Formulierung eines Bundes "zwischen Eheleuten" geduldet werden. Gleichgeschlechtliche Paare seien ein Angriff auf die traditionellen Werte der Orthodoxie. Und wehe, Lesben und Schwule würden "unsere" Kinder adoptieren können! Europa dürfe nicht länger diktieren, wie das rumänische Volk zu leben habe! Popen riefen zum Wahlgang auf und verkündeten bei Ungehorsam ihrer Schäfchen ein neues Sodom und Gomorra.

Vor allem ein Kampf gegen Europa

Eine "Koalition für die Familie" hatte das Referendum initiiert, das von den regierenden Sozialdemokraten (PSD) und der Rumänischen Orthodoxen Kirche zur Gretchenfrage für die Gesellschaft hochstilisiert wurde. Wer für die Verfassungsänderung stimme, setze ein Zeichen der Unabhängigkeit Rumäniens gegenüber dem Verfall des europäischen Liberalismus, hieß es sogar. Stundenlange Hasstiraden und gezielte Kampagnen gegen Lesben und Schwule, gegen die Europäische Union und gegen die liberale Demokratie wurden in regierungstreuen TV-Sendern ausgestrahlt. Das Sahnehäubchen des national-populistischen Popanz: Führende liberal-konservative Oppositionspolitiker von der PNL schlossen sich der riesigen Manipulation an. Doch wieder haben Politiker die Rechnung ohne ihre Wähler gemacht: Aus dem geplanten großen Wurf wurde nichts! Nur knapp 20 Prozent sind in den Wahllokalen erschienen. Das Referendum ist somit ungültig.

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Robert Schwart leitet die Rumänische Redaktion

Dabei hatte alles so vielversprechend für die Initiatoren begonnen. Die regierende PSD hatte nichts unversucht gelassen, um der "Koalition für die Familie" und somit sich selbst zum Sieg zu verhelfen. Das Referendum wurde auf zwei Tage statt wie sonst üblich auf einen Tag angesetzt. Die für eine Validierung nötige Wahlbeteiligung wurde von 50 auf 30 Prozent herunter geschraubt. Abgegebene Stimmen und Wählerlisten wurden nicht elektronisch zentral zusammengefasst. Die Möglichkeiten einer Anfechtung des Wahlergebnisses wurden reduziert. Schon allein wegen dieser zumindest theoretischen Möglichkeiten zum Wahlbetrug war der Boykott einer großen Mehrheit der rumänischen Gesellschaft berechtigt. Doch die Gründe für ihr Fernbleiben von den Wahlurnen sitzen tiefer.

Viele Wähler haben genug von den innenpolitischen Querelen und wiederholten Versuchen der Regierung, die Justiz unter ihre Kontrolle zu bringen und den Rechtsstaat zu schwächen. Seit fast zwei Jahren geht die Zivilgesellschaft auf die Straße, um die schlimmsten Entwicklungen zu blockieren. Dass sich jetzt 80 Prozent der Wahlberechtigten geweigert haben, einer zentral gesteuerten, autoritären und anti-europäischen Massenhysterie Folge zu leisten, ist ein gutes Zeichen für die liberale Demokratie in Rumänien. Der regierenden PSD fehlt offensichtlich die Kraft, ihre traditionellen Anhänger zu mobilisieren. Auf den bereits verurteilten Parteichef und Parlamentspräsidenten Liviu Dragnea warten weitere Prozesse wegen Wahlmanipulation und Amtsmissbrauchs. In der Partei gärt es schon länger, eine Rebellion gegen Dragnea ist nur eine Frage der Zeit. Ähnlich sieht es nach diesem gescheiterten Referendum auch in der größten Oppositionspartei PNL aus. Auch dort wird der herbstliche Kehraus erwartet, weil die Parteispitze zu offensichtlich das Spiel der Sozialdemokraten unterstützt. Bürgerliche Parteien, wie die USR (Union zur Rettung Rumäniens), die zum Boykott des Referendums aufgerufen haben, sehen sich hingegen in ihrer Politik bestätigt.

Der Präsident wäre besser zu Hause geblieben

Keine gute Figur hat der liberal-konservative Staatspräsident Klaus Iohannis bei diesem Referendum abgegeben. Kurz vor Schließung der Wahllokale, als schon klar war, dass der Urnengang scheitern würde, gab er noch seinen Stimmzettel ab. Ein Boykott hätte dem erklärten Pro-Europäer Iohannis besser gestanden. 80 Prozent der Wähler haben es ihm vorgemacht: Ein Referendum für ein "Problem", dass es gar nicht gibt, muss man nicht ernst nehmen. Im rumänischen Zivilgesetzbuch wird die Ehe glasklar als Bündnis zwischen Mann und Frau definiert. Fast 40 Millionen Euro Steuergelder für ein Pseudo-Referendum auszugeben, um diese Definition auch in der Verfassung zu verankern, ist denkbar schlecht angelegtes Geld in einem Land, das zu den ärmsten in der EU zählt.