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Kommentar: Konfusion statt Inklusion

Rolf-Günther Schulze30. Juli 2014

Der Deutsche Leichtathletik-Verband hat im Fall Markus Rehm zu spät reagiert, meint DW-Sportredakteur Rolf-Günther Schulze. Die Nicht-Nominierung für die EM könnte Folgen haben, die weit über den Sport hinausgehen.

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Markus Rehm
Bild: picture alliance/Mika

Sport könnte nicht mehr in der Gesellschaft verankert sein als im Fall von Markus Rehm. Inklusion, also die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftliche Leben, kann hier beispielhaft stattfinden: Ein Sportler mit Behinderung kämpft mit nichtbehinderten Sportler um den Sieg. Ja, warum nicht? Ist doch großartig - kein Unterschied und keine Diskriminierung mehr, Chancengleichheit eben!

Aber: Chancengleichheit eben nur im gesellschaftlichen Bereich. Der Sport aber hat seine eigenen Regeln. Und die achten sorgsam auf die gleichen Chancen am Start. Technische Hilfsmittel sind dabei eigentlich kein Problem, siehe Formel 1 oder Bobsport, wo Technik über den Sieg entscheidet. Die Manipulation von außen hört indes beim Körper auf. Biochemische Leistungssteigerung, sprich Doping, ist der Todfeind des modernen Spitzensports. Und nun rennt und springt noch eine Karbon-Prothese dazwischen.

Die Entwicklung verschlafen

Das Problem hier ist: Jeder einzelne Fall - Pistorius oder Rehm - muss genau wissenschaftlich geprüft werden. Eine grundsätzliche Regelung ist nicht möglich - hat sie oder hat er sich einen unstatthaften Vorteil verschafft? Der Behindertensport hat sich im Zeitraffertempo professionalisiert, die designten Körperteile wurden ähnlich schnell verfeinert und verbessert.

DW-Reporter Rolf-Günther Schulze (Foto: Foto DW/Dirk Pötsch Mai)
DW-Reporter Rolf-Günther SchulzeBild: DW/D. Pötsch

Die Sportverbände haben mit diesem Tempo nicht Schritt gehalten und stehen dieser Entwicklung unvorbereitet gegenüber, wie der Fall Rehm zeigt: Bereits vor einem Jahr war der Leverkusener fast acht Meter gesprungen - spätestens da war klar, dass er sich mit den besten nichtbehinderten Springern messen kann und wohl auch will, spätestens da hätte man aussagekräftige wissenschaftliche Untersuchungen veranlassen müssen.

Nun kann der Deutsche Leichtathletik-Verband DLV lediglich "vermuten", dass Markus Rehm mit seiner Prothese einen Wettbewerbsvorteil besitzt. Aus Angst vor kaum überschaubaren sportpolitischen und -juristischen Folgen hat man Rehm nun den EM-Start versagt. Der Leichtathletik-Weltverband muss nun zügig klare, verbindliche und nachvollziehbare Regelungen schaffen. Für den gesamten Sport steht nicht wenig auf dem Spiel: Der eigene Anspruch nämlich, die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe zu fördern.