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Kommentar: Mehr Bewegung bitte!

Andreas Sten-Ziemons13. März 2015

Die Formel 1 ist zu teuer, zu einseitig und in ihrer jetzigen Form nicht zukunftsfähig. Die Probleme sind hausgemacht. Es mangelt an Bereitschaft, die Fehler der Vergangenheit zu beheben, meint Andreas Sten-Ziemons.

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Ampelanlage auf rot, Formel-1-Start in Spa, Belgien (Foto: Andy Hone/LAT Photographic)
Bild: picture alliance / LAT Photographic

Die Formel-1-Boliden rollen wieder. Der erste Grand Prix der neuen Saison in Melbourne startet (Sonntag, 15. März, ab 6:00 Uhr MEZ im DW-Liveticker) und es geht wieder um WM-Punkte - Reifen an Reifen, Spoiler an Spoiler bei 350 Sachen. Doch auch die schönen, bunten und spektakulären Bilder aus Down Under werden nicht darüber hinwegtäuschen können, dass die Formel 1 tief im Reformstau steckt.

Die Königsklasse des Motorsports kämpft gegen schwindende Zuschauerzahlen an der Rennstrecke und vor dem TV, gegen fehlende Spannung und in erster Linie gegen zu hohe Kosten. Mit Marussia und Caterham mussten im vergangenen Herbst gleich zwei Teams in die Insolvenz gehen. In der neuen Saison sind zehn Rennställe, darunter auch wieder Marussia, am Start - fraglich ist allerdings, ob alle bis zum Saisonende ihre Löhne und Rechnungen zahlen können. Die Königsklasse des Motorsports muss fürchten, dass ihr die Teams ausgehen.

Selbstbestimmt in die Krise

Selbst Schuld, schließlich hat die sogenannte Strategiegruppe, die die Formel-1-Regeln beschließt, vor der vergangenen Saison mit ihren Entscheidungen die heutige Situation selbst herbeigeführt. In der Gruppe sitzen sechs Vertreter der Firma des Formel-1-Promoters Bernie Ecclestone, sechs Vertreter des Internationalen Automobilverbandes und sechs Vertreter der Teams (Mercedes, McLaren, Ferrari, Renault, Lotus und Williams). Die Einführung sparsamerer aber teurer V6-Hybrid-Motoren sorgte für steigende Kosten, leisere Autos und eine von vielen Kritikern als langweilig empfundene Dominanz der Mercedes-Silberpfeile.

Andreas Sten-Ziemons (Foto: DW)
Andreas Sten-ZiemonsBild: DW

Sogar Zampano Ecclestone macht sich ernste Sorgen und würde gerne zu den lauteren und preiswerteren V8-Motoren zurückkehren, von denen er sich neben der Kostenersparnis mehr Spannung und größeres Zuschauerinteresse verspricht. Und das will etwas heißen! Man kann Ecclestone vieles vorwerfen - dass er nicht wüsste, wie man Profite steigert und Geschäfte verbessert allerdings nicht.

Selbst Schuld sind die Formel-1-Regelhüter auch, weil sie es verpassten, die offensichtlich wenig förderlichen Klauseln wieder zu kassieren und durch solche zu ersetzen, die die Zukunft der der Königsklasse und ihrer Teams sichern. Für die Saison 2015 hätte das zwar keine Auswirkungen mehr gehabt, aber ab 2016 hätten sie gegriffen. Dafür gab es aber keine Mehrheit. Ecclestones Partner waren dafür, der Automobilverband dagegen, die Teams gespalten.

Wagenburg-Mentalität bei Mercedes

Grundproblem sind die zu teuren und zu komplizierten Motoren. Ganze Hundertschaften von Ingenieuren sind nötig, um die Hybrid-Turbos zu kreieren und weiter zu entwickeln. Nur Mercedes hat es im Vorjahr geschafft, ein zuverlässig arbeitendes Aggregat zu bauen. Ferrari und Renault dagegen nicht. Nun verhindert das Regelwerk, dass die "Hinterherfahrer" wieder aufholen können, da 52 Prozent aller Komponenten aus dem alten Motor übernommen werden müssen. Auch diese Hürde ist hausgemacht.

Lewis Hamilton Formel 1, Mercedes-Teamchef Toto Wolff und Lewis Hamilton in der Box (Foto: Jens Büttner/dpa)
Teamchef Wolff (l.) und Weltmeister Hamilton freuen sich über Mercedes' Ausnahmestellung im FeldBild: picture-alliance/dpa/J. Büttner

Hinzu kommt, dass Mercedes gar kein Interesse daran hat, an den Motoren-Statuten etwas zu ändern und in der Strategiegruppe dagegen gestimmt hat. Es läuft doch für die Silberpfeile! Warum sollte man Änderungen zustimmen, von denen die Konkurrenz letztlich mehr hätte als man selbst? Wie kurzsichtig diese Wagenburg-Mentalität ist, wird Mercedes dann sehen, wenn eine weitere Saison mit dominanten Silberpfeilen zu Ende ist, Zuschauer- und Sponsoreninteresse noch geringer geworden sind und es möglicherweise gar nicht mehr genug Teams für eine attraktive Rennserie gibt.

Die Formel 1 bewegt viel: Teams, Mitarbeiter, Ausrüstung, Autos, Ersatzteile, Motorhomes - alles wird an den 20 Rennorten immer wieder auf- und abgebaut und während einer Saison mehrfach um den Globus geflogen. Nicht zuletzt bewegen die Piloten ihre hochgezüchteten Boliden über die Strecken. Nun wird es höchste Zeit, dass sich die Formel 1 einmal selbst bewegt, um nicht noch weiter an Kredit bei den Zuschauern zu verlieren und sich die eigene Zukunft nicht zu verbauen.