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Merkel will das

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Marko Langer
8. Oktober 2015

Ja, die Kanzlerin hat beeindruckt gestern im TV. Aber: Nein, sie hat nicht überzeugt. Angela Merkel sagt: "Wir schaffen das." Aber wer ist das eigentlich, dieses "wir"? Merkel spielt mit der Mehrheit, meint Marko Langer.

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Angela Merkel bei Anne Will
Bild: Imago/J. Heinrich

"Stellen Sie sich einmal vor, wir würden jetzt alle miteinander erklären, wir schaffen es nicht. Und dann? Das geht doch nicht!" Diese Formulierung von Angela Merkel war, bei Minute 02:00, schon ein zentraler Moment in der Interviewsendung mit Anne Will in der ARD. Man muss nicht Anhänger von Horst Seehofer und erst recht nicht fremdenfeindlich sein, um der Kanzlerin an dieser Stelle zu entgegnen: "Doch, Frau Bundeskanzlerin, das geht!"

Warum? Ein Vergleich: Nur weil ich keine andere Lösung habe, muss das nicht bedeuten, dass meine Lösung auch richtig ist. Wer schon einmal eine Fünf in einer Mathe-Arbeit geschrieben hat, kennt dieses Gefühl: Alles gegeben, bis zuletzt um die bessere Note gekämpft. Trotzdem nur mangelhaft.

Diesen wichtigen Moment hat Anne Will gestern abend in ihrer Sendung leider verstreichen lassen, obwohl die Kanzlerin ihr die Vorlage mehrfach angeboten hat. Dass Angela Merkel noch während der Sendung etwa in sozialen Netzwerken viel Lob bekam, lag eher an dem "Wie" als an dem "Was". Es ist schon beeindruckend, wie unsere Regierungschefin mal eben, noch im gleichen Jacket wie am Nachmittag im Europaparlament in Straßburg, ihre Politik erklärt, ohne unsouverän zu wirken. Aber wenn es zur Sache geht, wird die Sache schwammig. Zum Beispiel in der Frage: Wie viele Syrer, Albaner, Iraker, Afghanen sind denn jetzt da oder noch auf dem Weg?

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Marko Langer, DW-NachrichtenBild: Sarah Ehrlenbruch

Sie kannte oder nannte keine Zahl

"Kennen Sie überhaupt eine genaue Zahl oder gehört das auch in die Unordnung hinein, dass Sie es gar nicht wissen?" Das wiederum war eine sehr gute Frage von Anne Will, und die Antwort war wortreich und ausweichend zugleich. Nein, die Kanzlerin kannte - pardon - nannte keine Zahl. Und hier liegt das Problem.

Denn: Wer an zentralen Punkten so agiert, vermag am Ende nicht zu überzeugen. Das könnte die Regierungschefin am Ende einholen. Sie ist umgeben von, ja, einer Willkommenskultur. Aber sie ist auch umgeben von großer Skepsis, von Unionsfreunden in München, die jetzt von "Notwehr" an den Grenzen sprechen und einem sozialdemokratischen Koalitionspartner, der am Morgen nach dem TV-Auftritt - durch Generalsekretärin Yasmin Fahimi - angibt: Merkel agiere kurzsichtig und fahre auf Sicht.

Dann wird das nix

Mein Eindruck: Die sind ziemlich nervös im Kanzleramt. Nicht so ohne weiteres gibt man einen Mann wie Thomas de Maizière preis. Man geht auch eigentlich nicht in eine Talkshow, wenn man erst Stunden zuvor einen angeblich historischen Auftritt im Europaparlament absolviert hat. Und der neue Flüchtlingsbeauftragte Peter Altmaier sagt am Morgen danach in der ARD auf einmal nur noch: "Wir können das schaffen." Aber das war sicher nur ein Versprecher.

Kanzlerinnendämmerung? Keine Ahnung! Aber: Man kann sich die Sendung mit Anne Will nochmal und nochmal ansehen. Unsere Frau an der Spitze hat nur eine Lösung: gemeinsam mit den europäischen Partnern eine andere Verteilungspolitik durchzusetzen. Wenn aber die Franzosen, Ungarn, Österreicher und andere weiterhin in die Luft kucken, sich einen schlanken Fuß oder was auch immer machen, dann wird das nix mit: "Wir schaffen das!" Dann gehen die Umfragewerte weiter nach unten und dann könnte Angela Merkel plötzlich sehr alleine sein - auch und gerade in den Parteien, die sich Union nennen. Aber vielleicht bekommt sie ja vorher doch diesen tollen Friedenspreis da aus Skandinavien.

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