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Unsinniger Aktivismus!

2. April 2020

Statt allen Menschen Gesichtsmasken zu verordnen, sollten wir lieber dafür sorgen, dass diejenigen ihre Schutzmittel bekommen, die sie wirklich brauchen: Mediziner und Pflegekräfte, meint Fabian Schmidt.

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Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen trägt auf einer Pressekonferenz an der Uniklinik der RWTH Aachen einen Mundschutz, der allerdings die Nase nicht bedeckt.
Dieser Mundschutz schützt den Träger nicht vor Viren, selbst wenn er richtig angelegt wäre Bild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Das Coronavirus scheint manchen Entscheidungsträgern den Blick auf das wirklich wichtige zu vernebeln. Jeden Tag wird irgendwo auf der Welt eine neue Sau durchs Dorf getrieben - Grundrechte werden in atemberaubendem Tempo abgeschafft. Unzählige Verordnungen haben wahnwitzige Folgen, die nicht gegen die Verbreitung des Coronavirus helfen, aber den Menschen das Leben schwer machen.

Einige Beispiele: Wer in einem brandenburgischen Dorf an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern wohnt, darf nicht mehr in seinen nächstgelegenen Supermarkt zum Einkaufen, weil an der Landesgrenze die Polizei steht und ihn als "Touristen" nicht durch lässt.

In Frankreich darf man zwar noch einkaufen gehen, aber wehe es ist "nur" ein ofenfrisches Baguette. Das kostet dann schmerzhaftes Bußgeld, wird man von der Polizei erwischt. In Südafrika darf man mit dem Hund nicht mehr gassigehen, in China den Müll nicht mehr runterbringen, wenn man als Gesunder in vorsorgliche Quarantäne kommt. Weitere Beispiele absurder Auswüchse von Regelungen gibt es weltweit wie Sand am Meer. 

Mehr dazu: Coronavirus: Wie gut hilft ein Mundschutz?

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Erstmal nachdenken, wer überhaupt wovor geschützt werden soll, empfiehlt Wissenschaftsredakteur Fabian Schmidt

Textile Semiotik: "Alle machen mit. Ich gehöre dazu!"

Die Mundschutzpflicht - in China schon lange Praxis - ist die Mutter aller unsinnigen Verordnungen. In vielen Ländern Asiens sind Gesichtsmasken ja seit Jahrzehnten ein akzeptiertes modisches Accessoire. Wer sie trägt, erhofft sich etwa Schutz vor Smog, Staub, Tränengas, Gesichtserkennung durch Videokameras oder eben auch vor Krankheitserregern.

Vor allem aber vermittelt die Maske das Gefühl dazu zu gehören. Gemeinsam leidet es sich schöner. Wer sie trägt sendet ein entsprechendes Zeichen an die Mitmenschen. Das nennt sich in der Sozialwissenschaft: textile Semiotik.

Und seit Österreich die Maskenpflicht in Supermärkten eingeführt hat, ist auch in Deutschland eine emsige Betriebsamkeit ausgebrochen: Keiner will der letzte sein, der auf den Zug aufspringt. Den Preis für vorauseilenden Gehorsam verdient diesmal die Stadt Jena, die gerade vorgeprescht ist und das österreichische Modell kopiert hat.

Die Masken denen, die sie brauchen

Zu Anfang der Corona-Krise hatte ich übrigens fast ein Dutzend hochwertige FFP-3 Masken bei mir zu Hause - in meinem Werkzeugschrank. Ich hatte sie mir Anfang vergangenen Jahres, also lange vor Corona, gekauft. Verwenden wollte ich sie, um in meinem Altbau Proben auf Asbest zu nehmen (die glücklicherweise alle negativ ausgefallen sind).

Vor etwas mehr als drei Wochen habe ich den ganzen Restbestand meinem Hausarzt vorbeigebracht. Dessen Assistentin freute sich wie ein Kind zu Weihnachten. Denn Hausärzte brauchen die Masken, im Gegensatz zu gesunden Menschen, jetzt wirklich. Die Kernfrage ist doch, was wir mit den Masken überhaupt erreichen wollen?

Hochwertige FFP-2 und FFP-3 Masken sollten Medizinern und Pflegekräften vorbehalten bleiben, die mit Infizierten oder Verdachtsfällen arbeiten müssen. Neben den Masken müssen sie sich auch durch Schutzbrillen, Gummihandschuhe und mindestens Einwegschürzen schützen - sonst nützt ihnen auch die Maske wenig.

Denkt an die Pflegekräfte

Alle einfacheren Modelle - etwa simple OP-Masken oder auch selbstgenähte Masken aus dichten Textilien - dienen höchstens dazu, Dritte vor einer Infektion durch denjenigen zu schützen, der die Maske trägt. Den Träger schützen sie jedenfalls kaum. Masken zum Schutz gefährdeter Dritter zu tragen ist natürlich gerechtfertigt, etwa wenn Pflegekräfte oder Verwandte alte und vorerkrankte Menschen zuhause besuchen.

Also lassen wir doch die OP-Masken oder selbstgenähten Masken den Pflegediensten, Beschäftigten in Altenheimen den vielen anderen, die täglich mit Vorerkrankten und älteren Menschen zu tun haben. Und die brauchen viele Masken, weil sie sie regelmäßig wechseln bzw. heiß waschen müssen. Sonst verlieren sie ihre Wirkung und können sogar kontraproduktiv sein, weil sich Pilze und Bakterien an feuchten Masken super entwickeln können.

Gar nichts, außer vielleicht dem guten Gefühl der sozialen Pflichterfüllung, bringt es jedenfalls, wenn kerngesunde Menschen, die kaum mit Vorerkrankten in Kontakt kommen, sich jetzt ritualisiert einen Papier- oder Stofflappen in Form einer Maske vor das Gesicht binden.

Wer wirklich etwas gegen die weitere Verbreitung des Virus tun will, soll sich einfach an das halten, was ohnehin seit Wochen gilt: körperliche Kontakte vermeiden, regelmäßig Händewaschen, Abstand halten.

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Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen