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Neue Köpfe braucht das Land

10. März 2016

In Myanmar sind die Kandidaten für das Präsidentenamt bekanntgegeben worden. Aung San Suu Kyi steht nicht auf der Liste. Stattdessen wurde ein enger Vertrauter von ihr benannt. Keine gute Wahl, meint Rodion Ebbighausen.

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Myanmar Aung San Suu Kyi und Htin Kyaw
Aung San Suu Kyi und Htin Kyaw, der nun wahrscheinlich neuer Präsident Myanmars wirdBild: Getty Images/AFP/S. Than Win

Aung San Suu Kyi wird nun definitiv nicht die nächste Präsidentin Myanmars. Sie scheitert damit endgültig an der vom Militär 2008 installierten Verfassung des Landes, die Kandidaten ausschließt, die Verwandte mit ausländischer Staatsbürgerschaft haben. Aung Sun Suu Kyis Kinder sind Briten. Gerüchte über einen Kuhhandel, nach denen der Verfassungsartikel zu Gunsten der Friedensnobelpreisträgerin geändert werden könnte, wenn das Militär im Gegenzug dafür wichtige Posten in der neuen Regierung erhält, haben sich nicht bestätigt.

Aung San Suu Kyis Partei, die Nationale Liga für Demokratie (NLD), schickt den Ökonomen Htin Kyaw und den Juristen Henry Van Hti Yu, der der ethnischen Minderheit der Chin angehört, ins Rennen für das Präsidentenamt. Htin Kyaw gilt als enger Vertrauter von Aung San Suu Kyi. Sie haben gemeinsam in Oxford studiert. Politisch hat er wenig Profil. In den vergangenen Jahren hat er Aung San Suu Kyis Stiftung geleitet. Henry Van Hti Yu ist vor allem auch deswegen nominiert worden, damit sich die vielen Minderheiten des Landes repräsentiert sehen. Da die NLD im Parlament eine komfortable Mehrheit genießt, ist davon auszugehen, dass Htin Kyaw, der offiziell noch nicht bestätigt worden ist, gewinnen wird. Henry van Hti Yu wird voraussichtlich Vizepräsident werden.

Der Präsident und die Überpräsidentin

Allerdings ist die Person des neuen Präsidenten nur von untergeordneter Bedeutung. Bereits vor den Wahlen am 8. November 2015 hatte Aung San Suu Kyi auf einer Pressekonferenz erklärt, dass sie ohnehin über dem Präsidenten stehen werde.

Das ist aus mindestens zwei Gründen problematisch:

Erstens stellt sich die Frage, welche Auffassung von Demokratie die Demokratie-Ikone hat, wenn sie offensichtlich die verfassungsgemäße Staatsordnung nicht anerkennt und sich über das geltende Recht stellt. Die Verfassung hat zwar das Militär geschrieben, aber die NLD hat sie im Vorfeld der Wahlen akzeptiert. Ein Advokat des Rechtsstaats kann mit dem Recht so nicht umgehen.

Zweitens erinnern die gegenwärtigen politischen Entwicklungen an die unheilvolle Geschichte Myanmars: Schon einmal hat ein Politiker, Aung San Suu Kyis Vater Aung San, alle Hoffnung und Macht auf sich vereinigt. Doch mit seiner Ermordung durch einen politischen Rivalen 1947 brach das politische Gefüge des Landes zusammen. Mit den Nachwirkungen dieser gescheiterten, personenzentrierten Politik hat das Land bis heute zu kämpfen.

Ebbighausen Rodion Kommentarbild App
Rodion Ebbighausen ist Myanmar-Experte der DWBild: DW

Wer folgt auf Aung San Suu Kyi?

Die Tochter wiederholt nun den Fehler ihres Vaters: Alle Hoffnung ruht auf der Landesmutter Aung San Suu Kyi. Sie verfügt unbestritten über das Mandat des Volkes, nur beschränkt durch das Militär, das per Verfassung über ein Viertel der Sitze im Parlament verfügt. Ihre Partei ist streng hierarchisch organisiert und alle Fäden laufen bei ihr zusammen. Doch wer oder was kommt nach ihr? Aung San Suu Kyi wird dieses Jahr 71.

Wenn es ihr und ihrer Partei ernst ist mit der Demokratisierung des Landes, dann müssen sie mit der alten Tradition brechen und mit gutem Beispiel vorangehen. Die Partei muss sich von ihrer übermächtigen Generalsekretärin emanzipieren. Aung San Suu Kyi muss starke und unabhängige Persönlichkeiten nicht nur neben sich dulden, sondern aktiv in die Partei holen und fördern. Sonst hat die Demokratie in Myanmar keine Zukunft.

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Rodion Ebbinghausen DW Mitarbeiterfoto
Rodion Ebbighausen Redakteur der Programs for Asia