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Nur Pragmatiker verdienen Geld

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Andreas Rostek-Buetti
21. September 2018

Die USA drohen Unternehmen weltweit, wenn sie Geschäfte mit der Islamischen Republik Iran machen. Was sollen die Firmen tun? Den Amerikanern nachzugeben, meint Andreas Rostek-Buetti, sei nicht per se ehrenrührig. Aber...

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VW Symbolbild - Logo
Bild: picture alliance/F. May

"Pragmatismus", sagte in dieser Woche der lange von der Türkei als Geisel festgehaltene Journalist Deniz Yücel, sei bisweilen "ein Euphemismus, mit dem sich beinahe jede Skrupellosigkeit verbrämen lässt". Yücel hat mit diversen Managern aus dem VW-Konzern wahrscheinlich nicht viel mehr gemein als die Erfahrung von langen Monaten hinter Gittern.

Wie weit die Automanager mit ihrem Pragmatismus zu gehen bereit sind, haben die Leute von Volkswagen in den vergangenen Jahren dem weltweiten Publikum vorgeführt: Passen die eigenen Diesel-Motoren nicht zu den gesetzlichen Vorgaben, ändert man natürlich nichts an den Gesetzen, aber auch nicht an den Motoren: Man trickst stattdessen so lange, bis der Dreck aus dem Auspuff nicht mehr auffällt. Erwischt es einen der eigenen subalternen Manager und sie werden in den USA verurteilt, dann wird der Mann eben fallengelassen. Ein Bote bringt dann die fristlose Kündigung direkt in den Knast.

In der Wirtschaft zählt das Geld

Ein Wirtschaftsunternehmen muss pragmatisch handeln, schon die Zahlen sprechen die Sprache des Pragmatismus. Die Zahlen sagen im Falle des Iran Folgendes: Volkswagen machte 2017 in Nordamerika einen Umsatz von 38,8 Milliarden Dollar. Im Iran hat VW nach 17 Jahren Abwesenheit erst im vergangenen Jahr wieder die Fühler ausgestreckt. Oder: BASF (auch der Chemiekonzern wurde in dieser Woche vom US-Botschafter in die Pflicht genommen) machte 2017 in Nordamerika einen Umsatz von 15,5 Milliarden Euro, ein Viertel des gesamten Geschäfts. In Iran waren es nur 80 Millionen Euro.

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Andreas Rostek-Buetti, DW-Wirtschaftsredaktion

Sicher, ein Konzern wie Volkswagen oder BASF oder Daimler ist nicht dem Wohle der Bundesrepublik oder gar dem Europas verpflichtet, sondern allein den eigenen Aktionären. Dazu muss das Unternehmen anständige Produkte liefern und damit Geld verdienen. Basta. Alles andere ist wohlfeiles Gerede von Wirtschaftsethikern (oder Werbestrategen).

Wenn aber Deniz Yücel Recht hat und die Grenzen zwischen Pragmatismus und Skrupellosigkeit gänzlich verschwimmen, dann zerstört solche "pragmatische" Unternehmensführung die Grundlagen des eigenen Wirtschaftens. Wo wollen all die Weltmarktchampions wie VW und Co. produzieren und verkaufen, wenn das Gemeinwesen in Deutschland verkommt? Oder wenn EU-Europa im Wettbewerb mit den (wenigen) anderen Großen seine Stellung nicht halten kann? Mit seiner Auslegung der Vorschriften in Sachen Diesel jedenfalls hat VW weit mehr als die Luft verdreckt.

Das Brüsseler Schwert ist stumpf

EU-Europa versucht mit mäßigem Erfolg, den Attacken der Trump-Regierung auf das Atomabkommen mit Iran mit eigenen Vorschriften entgegenzutreten. Das Instrument heißt hier "Abwehrgesetz" oder "Blockadestatut". Europäischen Unternehmen soll so ermöglicht werden, der US-Sanktionsfront Washingtons auszuweichen.

Man hat nicht den Eindruck, die EU-Strategen in Brüssel seien von der Schärfe ihres Schwertes allzu überzeugt. Vielleicht haben sie längst in Rechnung gestellt, dass die Pragmatiker vom Schlage Volkswagen sich um diese Vorgaben einen Dreck scheren. Ist "alles schon eingepreist", nennen börsennotierte Schlaumeier so etwas gern.

Dass damit die Grundlagen des europäischen Wirtschaftssystems langfristig geschwächt werden, weil die europäische Einrichtungen und Regeln geschwächt werden, merken die Firmenstrategen dann irgendwann bei Verhandlungen mit China. Von Trump gar nicht zu reden.

„Wie der Herr so’s Gescherr“

Apropos Trump. Vielleicht ist ja die Geschichte ganz anders, und das Problem heißt gar nicht VW oder BASF, sondern Grenell. „Wie der Herr so’s Gescherr“, wussten unsere Alten noch zu formulieren. Der US-Botschafter in Berlin Richard Grenell hat seinen Job schon mit großmäuligen Sprüchen angetreten - "Deutsche Firmen, die in Iran tätig sind, sollten ihre Geschäfte sofort herunterfahren", hatte Grenell im Mai getwittert. Vielleicht liefert er sich ja nun selbst die Erfolgsmeldungen, egal ob wahr oder nicht. BASF jedenfalls dementierte den forschen Botschafter in dieser Woche umgehend: "BASF wird weiterhin Geschäft im Iran betreiben." Geht doch, möchte man sagen. Aber wer weiß, welche Hintertürchen die Pragmatiker für BASF da eingebaut haben.

Lassen wir den realitätsgeprüften Deniz Yücel noch einmal zu Wort kommen: „Mit solchem ‚Pragmatismus‘ lassen sich kurzfristige Gewinne erzielen und Ziele erreichen, langfristig aber hat er sich noch immer gerächt.“ Wann beginnt langfristig?

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