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Ohne Mullah Mansur wird es schlimmer

Weigand Florian Kommentarbild App
Florian Weigand
22. Mai 2016

Die USA mögen hoffen, dass ein moderater Taliban-Führer dem mutmaßlich getöteten Hardliner Mullah Mansur nachfolgt. Eine Hoffnung, die sich eher aus Verzweiflung speist als aus kühlem Kalkül, meint Florian Weigand.

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Taliban sammeln sich im Sayed-Karam-Distrikt - Foto: Imago
Bild: Imago

Wenn es je noch einer Bestätigung bedurft hätte, dass mit den Taliban derzeit nicht über Frieden zu reden ist - die USA haben diese nun geliefert. In der Nacht zum Sonntag haben sie mit einer Drohne versucht, den Taliban-Führer Mullah Achtar Mansur zu töten. Nach Berichten der Kabuler Regierung offenbar mit Erfolg. Diese Attacke macht nur Sinn, wenn jede Gesprächsbereitschaft auszuschließen ist und Washington auf einen offeneren Nachfolger hofft. Seit Monaten laufen Friedensgespräche, zu denen sich eine Vierer-Gruppe - USA, China, Pakistan und Afghanistan - an einen Tisch setzen. Der Stuhl für die Taliban blieb aber stets leer, trotz allem Werbens und dem Druck der Geheimdienste im Hintergrund.

Mullah Mansur wurde wohl zum Verhängnis, dass er aus Sicht der Taliban durchaus sehr erfolgreich war und er Gespräche eiskalt ablehnen konnte. Schon bevor er im Sommer 2015 offiziell die Zügel in die Hand nahm, zog er im Verborgenen die Strippen. Sein Vorgänger, der berüchtigte Mullah Omar, war damals bereits seit zwei Jahren nicht mehr am Leben. Sein Tod wurde aber geheim gehalten, bis sich Mullah Mansur auch wirklich durchsetzen konnte.

Einmal der offizielle Führer, startete er gleich mit einem Paukenschlag ins Amt: Im Herbst letzten Jahres gelang es den Taliban, den ehemaligen Bundeswehrstützpunkt Kundus für mehrere Tage zu erobern - rund zwei Jahre nach dem Abzug der deutschen Truppen. Nur mit Mühe und der Unterstützung von Spezialeinheiten und der US-Luftwaffe konnten das afghanische Militär den symbolträchtigen Ort wieder einnehmen.

Florian Weigand Porträt - Foto: DW
Florian Weigand, Leiter des afghanischen Programms der DW


Auch anderswo in Afghanistan sind die Taliban auf dem Vormarsch. Sie selbst behaupten, in 70 Prozent des Landes aktiv zu sein. Das ist sicher unbestätigte Propaganda, liegt aber möglicherweise näher an der Wahrheit als die geschönten Berichte der Kabuler Regierung. Fakt ist, dass die NATO immer häufiger wieder in Kämpfe eingreifen muss und ein Mandat wohl über 2017 verlängert wird.


Selbst wenn sich die Meldungen - wie schon vor einigen Monaten - wieder nicht bestätigen sollten: Kabul und Washington werden nicht ruhen, bis sie Mullah Mansur zur Strecke gebracht haben. Gibt es dann wirklich ein en Neustart mit einem moderateren Taliban-Chef? Das ist sicher die Hoffnung in Kabul, Washington und Islamabad. Sicher werden Diplomaten und Geheimdienste versuchen, einen gewogeneren Gesprächpartner auf den Schild zu heben. Da ist vor allem Pakistan gefragt. Dem Land wird schon seit Langem eine große Nähe zu den Taliban nachgesagt.


Die Rechnung dürfte aber nicht aufgehen. Im Kampf um die Nachfolge werden sich mögliche Kandidaten vor ihren Gefolgsleuten profilieren müssen. Und das ist nur mit spektakulären Terroranschlägen oder Eroberungen möglich. Der Glanz der Ära Mullah Mansur ist die Zielmarke, die es zu überbieten gilt. Und die Erfahrung zeigt, dass die Taliban auch ohne zentrale Führung lokale Erfolge erzielen. Die Kämpfer wissen, was sie erreichen wollen, und das auch ohne Befehl von oben: den Sturz der Kabuler Regierung und den Abzug aller ausländischen Truppen, danach einen islamistischen Staat, wie schon einmal in den 1990er Jahren. Keine guten Aussichten für einen Verhandlungsfrieden.

Die USA, Kabul und Islamabad mögen etwas anderes herbeisehnen. Die Taliban könnten aber eher einen noch kompromissloseren Führer wählen, sie sehen sich ohnehin sich auf der Siegerstraße. Die Attacke auf Mullah Mansur war wohl eher eine Verzweiflungstat als das kühle Kalkül, mit einer neuen Führung durchstarten zu können.

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