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Kommentar: Reise in eigener Mission

Mathias Bölinger14. Mai 2014

Der Fraktionschef der deutschen Linken, Gregor Gysi, möchte in Moskau deeskalieren - ein Signal vor allem an seine eigene Partei, kommentiert Mathias Bölinger.

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Russland Kreml vom Roten Platz
Bild: DW/A. Scherer

Vielleicht hat Gregor Gysi ja wirklich gedacht, er könne als eine Art Friedenstaube in Moskau landen. Er wolle seinen Beitrag zur Deeskalation leisten, hatte der Vorsitzende der Linksfraktion auf dem Parteitag am Sonntag (11.05.) mit einem untrüglichen Gespür für die effektvolle Inszenierung verkündet. Dann entschwebte er Richtung Moskau, begleitet von Gerüchten, er habe sogar einen Termin bei Wladimir Putin.

Die Linke Parteitag - Gregor Gysi
Gregor Gysi beim Linken-ParteitagBild: picture-alliance/dpa

Antiwestliche Tradition

Das allerdings war nicht der Fall. Das Protokoll ordnete dem deutschen Oppositionspolitiker den Vize-Außenminister Titow und den Duma-Vorsitzende Sergej Naryschkin als Gesprächspartner zu - eine Geste, die aussagt, dass man den Gast wertschätzt, aber keine konkreten Hoffnungen an den Besuch knüpft. Dass Gysi in Moskau ein willkommener Gast sein würde, war bereits vorher klar. Gysi hatte die Ukraine-Politik der Bundesregierung schon in der Vergangenheit häufiger kritisiert und war in russischen Medien dankbar zitiert worden.

Die Linkspartei steht dem Westen und insbesondere der Nato traditionell kritisch gegenüber. Im Ukraine Konflikt einigte sich die Partei kürzlich auf die Formulierung, Russland sei "nicht in erster Linie verantwortlich" für die Eskalation in der Ukraine. Das ist bereits ein Kompromiss, denn der linke Flügel der Partei hat sich teilweise sehr klar an der Seite Moskaus positioniert und allein den Westen für die Eskalation verantwortlich gemacht. Politiker der Linken haben russischen Staatsmedien gerne die Moskauer Position bestätigt, nach der Nato und EU mit Hilfe von Faschisten in der Ukraine einen Regimewechsel herbeigeführt hätten, um ihren Einfluss auszuweiten.

Kokettieren mit Vermittlerrolle

Wenn Gysi nun also mit einer Vermittlerrolle in dem Konflikt kokettiert, Kofi Annan als Unterhändler vorschlägt, weil "alle europäischen Politiker inklusive ich selbst" als parteiisch wahrgenommen würden, dann kann man das natürlich als eitle Selbstüberschätzung werten. Sowohl Gysi als auch seine Gesprächspartner wissen natürlich, dass der Einfluss der Acht-Prozent-Partei die Linke in der deutschen Außenpolitik nicht sehr weit reicht. Allenfalls kann man die Reise als einen Versuch werten, die Bundesregierung ein wenig zu ärgern - immerhin reiste der deutsche Außenminister zeitgleich in die Ukraine.

Wahrscheinlich muss man es aber vor allem als Signal an seine eigene Partei sehen. Mit seiner Reise hat Gysi deutlich gemacht, dass er den Anspruch auf die Deutungshoheit über den Konflikt nicht den Linken in seiner Partei überlassen will. Sehr genau hat er darauf geachtet, neben der bei den Linken üblichen Kritik an Europa und den USA auch Russland nicht von seiner Verantwortung freizusprechen. Im Beisein von Parlamentspräsident Naryschkin kritisierte er die Annexion der Krim als völkerrechtswidrig. Anders als manche seiner Genossen weiß Gysi, dass die Umarmung durch Putins konservativ-nationalistisches Regime die Linke am Ende erdrücken würde.