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Scheingefechte um die Transitzone

Steiner Felix Kommentarbild App
Felix Steiner
13. Oktober 2015

Die Politik benutzt es wie ein Zauberwort: "Transitzone". Erweckt den Eindruck, als ließe sich so die Flüchtlingskrise lösen. Unfug, meint Felix Steiner. Ein völlig unrealistischer Plan. Helfen könnte ganz anderes.

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Ungarn Transitzone (Symbolbild)
Bild: picture alliance/JOKER

Manchmal bestimmen Begriffe, die zuvor niemand kannte, innerhalb weniger Tage die politische Diskussion. Seit dem Wochenende reden nun alle über "Transitzonen" an den deutschen Grenzen. Es tobt eine Diskussion zwischen CDU, CSU und SPD - also innerhalb der Bundesregierung - die den Eindruck erweckt, als ließe sich allein mit dieser Idee die Flüchtlingsproblematik lösen und der Zustrom von Menschen in geordnete Bahnen lenken.

Man darf gespannt sein auf den Gesetzentwurf, den der Bundesinnenminister angekündigt hat. Aber schon nach kurzem Nachdenken dürfte jedem halbwegs vernunftbegabten Menschen klar werden, dass es sich hier mitnichten um ein Allheilmittel handelt. Denn die Lage an der deutsch-österreichischen Grenze ist mit der Situation auf einem Flughafen nicht einmal ansatzweise vergleichbar.

Riesige Internierungslager an den Grenzen?

Die Hallen an den Hauptverkehrsstraßen müssten riesig sein, um die Ankommenden für die Zeit ihrer Herkunfts- und Antragsprüfung dort unterzubringen. Sie müssten mit Zäunen und Stacheldraht gesichert werden, damit niemand sie unbefugt verlassen kann. Solche Internierungslager verbieten sich allein mit Blick auf die deutsche Geschichte. Außerdem wären sie wirkungslos, denn die Flüchtlinge könnten sie ganz einfach umgehen. Was also soll die ganze Debatte?

Es geht allein um politische Profilierung. Um den Versuch, angesichts eines massiven Stimmungswandels in der Bevölkerung den Eindruck von Aktivität zu erwecken: Wir kümmern uns! Wir nehmen eure Sorgen und Ängste ernst! Wir lösen das Problem!

Es werden Erwartungen geweckt

Das ist ein Spiel mit hohem Risiko. Denn mit solchen Vorschlägen und Debatten werden insbesondere bei schlichteren Gemütern hohe Erwartungen geweckt. Erwartungen, die - selbst wenn man diese Pläne umsetzen würde - nicht erfüllt werden können. Und dann?

Die Kanzlerin, die die große Rede zur Flüchtlingskrise wohl nie halten wird, aber sich inzwischen immerhin in einer Talkshow sowie in einem zweiseitigen Interview mit Deutschlands größter Boulevard-Zeitung erklärt hat, hat ihre Linie ja offengelegt: Eine polizeiliche oder militärische Abriegelung der Grenzen wird es mit ihr nicht geben. Sie hält das nicht nur für unangemessen, sondern auch praktisch für unmöglich. Es geht in ihren Augen also darum, Aufnahme und Integration zu gestalten.

Felix Steiner
DW-Redakteur Felix SteinerBild: DW/M.Müller

Das Problem ist allein: Weder die Beschleunigung der Asylverfahren noch der schnelle Bau von Flüchtlingsunterkünften mit niedrigeren Standards erzeugen schnelle Schlagzeilen, geben dem Volk also das gute Gefühl, dass die Politik etwas tut. Max Weber hat es schon vor 100 Jahren erkannt: Politik ist das Bohren dicker Bretter.

Der Plan der Angela Merkel

Sie habe einen Plan, hat Angela Merkel in der vorigen Woche verkündet. Welcher das sein könnte, blieb leider im Dunkeln. Vielleicht ist es ja der: Gestern wurde bekannt, dass die Kanzlerin am kommenden Sonntag die Türkei besucht. Da die Masse der gegenwärtig nach Deutschland kommenden Flüchtlinge aus und über die Türkei kommt, liegt dort natürlich ein entscheidender Schlüssel für die Regulierung des Menschenstroms. Insofern erleichtert jeder Euro, den Deutschland der türkischen Regierung gibt, um die Situation der Flüchtlinge dort zu verbessern, zugleich die Lösung der Probleme hier. Dass dieses Geld an eine zunehmend autoritäre Führung geht, die mitten im Wahlkampf steht - diese Kröte wird die Kanzlerin dabei wohl schlucken. Das ist vielleicht keine gute Schlagzeile, aber zumindest eine, hinter der eine realistische Idee steht.

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