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Kommentar: Sieg der Beharrlichkeit

30. Januar 2016

Wenn sich eine Spielerin diesen Grand-Slam-Sieg in Melbourne verdient hat, dann Angelique Kerber, findet DW-Sportredakteur Stefan Nestler. Er bezweifelt, dass daraus zwangsläufig ein neuer Tennisboom entstehen muss.

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Angelique Kerber liegt nach ihrem Finalsieg bei den Australian Open auf dem Spielfeld. Foto: Reuters
Bild: Reuters/J. O'Brien/Action Images

Bravo, Angelique Kerber! Alles richtig gemacht. Die 28-Jährige spielte im Finale der Australian Open gegen die schier übermächtige Weltranglisten-Erste Serena Williams von Beginn an mutig, fast wie entfesselt. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass sie hundertprozentig entschlossen war, ihre Chance im ersten Grand-Slam-Turnier zu nutzen, egal wie klein sie auch sein mochte. Nur so werden Träume wahr, nur so gelingen im Sport zuweilen Überraschungen, noch seltener Sensationen. Und in diese Kategorie fällt Kerbers Coup von Melbourne.

Durch Höhen und Tiefen

Im Gegensatz zu Boris Becker, der sich bei seinem ersten sensationellen Wimbledonsieg als 17- Jähriger wie aus dem Nichts an die Spitze katapultierte, hat Angelique Kerber bereits eine Karriere mit Höhen und Tiefen hinter sich. Bevor ihr 2011 der Durchbruch gelang, hatte sie sogar zwischenzeitlich daran gedacht, den Tennisschläger an den Nagel zu hängen. Doch sie biss sich durch. 2011 zog Kerber sensationell ins Halbfinale der US Open ein. 2012 schaffte sie es in Wimbledon ebenfalls in die Runde der letzten Vier. In jenem Jahr besiegte Kerber auch erstmals Serena Williams. Doch es gab auch Durststrecken wie das Frühjahr 2015, als sie Niederlage um Niederlage kassierte.

Ohne viel Tamtam

Andere hätten vielleicht die Flinte ins Korn geworfen, nicht so Angelique Kerber. Sie kehrte zu ihrem langjährigen Trainer Torben Beltz zurück, von dem sie sich zwischenzeitlich getrennt hatte. Und sie arbeitete weiter beharrlich daran, besser zu werden. Ohne viel Medien-Tamtam. Dass ausgerechnet sie, die statt große Töne zu spucken, einfach ihr Ding durchzieht, den ersten Grand-Slam-Sieg einer deutschen Tennisspielerin seit 17 Jahren feiert, macht es doppelt schön. Kerber hat sich diesen Titel wirklich verdient - als Belohnung für ihr Kämpferherz.

Nicht so dominant wie Becker oder Graf

Dass nun eine neue deutsche Tennis-Erfolgsära wie zu Zeiten von Boris Becker und Steffi Graf beginnt, ist eher unwahrscheinlich. Angelique Kerber gehört zu den besten Spielerinnen der Welt, keine Frage. Doch sie ist bei weitem nicht so dominant wie Boris Becker oder Steffi Graf in ihren Glanzzeiten. Kerber muss sich jeden Punkt hart erkämpfen. Es wird auch wieder Tage geben, an denen sich Serena Williams mit ihrer Urgewalt oder andere Spielerinnen, die über einen besseren Aufschlag als die Deutsche verfügen, gegen Kerber durchsetzen werden.

Erwartungen werden steigen

Deshalb erscheint auch die Prognose von Bundestrainerin Barbara Rittner verfrüht, es werde jetzt ein neuer Tennisboom in Deutschland einsetzen. Dafür bräuchte es wohl mehr als den Sieg in Melbourne: eine ganze Erfolgsserie Kerbers. Die 28-Jährige sollte sich von den Erwartungen an sie, die jetzt steigen werden, nicht beeindrucken lassen. Ganz einfach den tollen Augenblick genießen und feiern! Danach wird Kerber wieder an die Arbeit gehen. Ganz sicher.

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DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter