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Strategie des Scheiterns

Daniel Scheschkewitz, Washington23. Oktober 2006

Die US-Regierung will Berichten zufolge mit der irakischen Regierung einen Zeitplan entwickeln, innerhalb dessen die Sicherheit im Lande wiederhergestellt werden soll. Daniel Scheschkewitz kommentiert.

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Daniel Scheschkewitz

Seit Monaten wiederholt Präsident Bush gebetsmühlenartig, dass ein Zeitplan für den Abzug der US-Truppen aus dem Irak dem Gegner in die Hände spielen würde. Amerika werde sich bis zum Sieg, das heißt bis zur Etablierung einer Demokratie im Irak engagieren. Nun scheint Bush unter dem Druck der ständig eskalierenden Sicherheitslage und dem Scheitern der bisherigen Strategie langsam Abstand zu nehmen von diesem unrealistischen Ziel.

Der Oktober entwickelt sich für die US-Soldaten zum bisher tödlichsten Monat in diesem Jahr. Die gemeinsamen Operationen von amerikanischen und irakischen Truppen haben in der Hauptstadt Bagdad nicht zu mehr Sicherheit geführt, sondern die explosive Lage nur noch verstärkt. Im Süden des Landes sind die schiitischen Milizen stärker denn je. Der Bürgerkrieg wird für die Koalitionstruppen immer unkontrollierbarer, die Einheit des Irak gerät mehr und mehr zur Fiktion. In dieser Situation berichten jetzt Zeitungen, das Weiße Haus wolle zusammen mit der irakischen Regierung einen Zeitplan entwickeln, innerhalb dessen die Sicherheit im Lande wiederhergestellt werden soll. Damit soll der Druck auf den Irak erhöht werden und eine Rückkehr der US-Truppen absehbar werden.

Angst vor den Wählern

Dass man im Weißen Haus nun die Verantwortung beschleunigt auf die Iraker selbst abwälzen will, hat Methode und ist vor dem Hintergrund der bevorstehenden Kongresswahlen verständlich. Die Geduld ist selbst unter den Wählern in Bushs republikanischer Partei erschöpft. Ernüchterung macht sich breit. Nicht mehr viele US-Bürger sind unter den gegebenen Umständen bereit den hohen Blutzoll im Irak zu erbringen, wenn Fortschritte ausbleiben und gleichzeitig die US-Außenpolitik in Afghanistan, im Iran und in Nordkorea sich immer neuen Herausforderungen ausgesetzt sieht.

Dabei wäre ein Truppenabzug innerhalb der nächsten 12 Monate. so wie ihn die meisten demokratischen Abgeordneten fordern, tatsächlich das falsche Signal. Die Gewalt würde vermutlich noch zunehmen, denn er würde die Gegner des demokratischen Neuaufbaus ermutigen. Andererseits: So wie bisher kann es auch nicht weitergehen.

Kaum Optionen

Die verbleibenden Optionen lassen sich an einer Hand abzählen und sind allesamt schmerzhaft. Mehr Truppen wären eine Möglichkeit. Doch die US-Armee ist schon jetzt am Rande ihrer Kapazitäten angelangt und die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist in den USA gegenwärtig politisch nicht durchsetzbar. Eine Teilung des Irak in einen kurdischen Norden, einen schiitischen Süden und ein sunnitisches Zentrum erscheint immer unausweichlicher, auch wenn kaum vorstellbar ist, dass sich die beteiligten Volksgruppen gütlich über eine Verteilung der Öleinkünfte einigen würden.

Das benachbarte Ausland - insbesondere den Iran und Syrien - einzubinden, erscheint noch am ehesten geeignet, die Lage mittelfristig zu verbessern. Aber dazu müsste Präsident Bush seine Außenpolitik fundamental neu ausrichten. Und ob dieser Präsident dazu in den verbleibenden zwei Jahren seiner Amtszeit noch in der Lage ist, muss stark bezweifelt werden.