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Tsipras Zeit läuft ab

Jannis Papadimitriou
Jannis Papadimitriou
14. August 2015

Noch ein Pyrrhussieg für Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras: Nur dank der Opposition konnte er das neue Hilfspaket durch das Parlament bringen. Neuwahlen erscheinen unausweichlich, meint Jannis Papadimitiou.

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Griechenland Ministerpräsident Alexis Tsipras im Parlament die Zeit läuft aus
Bild: Reuters/C. Hartmann

Dass Alexis Tsipras keine eigene Mehrheit mehr für seine Politik hat, steht schon länger fest: Immer wieder musste der Linkspremier in den vergangenen Monaten auf die konservative oder sozialdemokratische Opposition im Parlament zurückgreifen, um das Überleben seiner brüchigen Links-Rechtsaußen-Koalition zu sichern. In den zurückliegenden Tagen ließen Regierungsquellen verlauten, dass der Premier seinen Rückhalt im Parlament endgültig verliere, sollten weniger als 120 Linksabgeordnete für das neue Kreditpaket und die Bedingungen der Geldgeber stimmen.

Syriza heillos zerstritten

Nun ist es so weit: Nach einer Marathonsitzung im 300-köpfigen Parlament votierten lediglich 117 Syriza-Abgeordnete für die Regierungsvorlage, 32 stimmten dagegen, andere enthielten sich der Stimme. Wieder einmal sicherte sich der Premier einen entscheidenden Sieg nur mit großzügiger Hilfe der Opposition. Mehr noch: Fassungslos verfolgten Oppositionspolitiker Streitereien zwischen einzelnen Regierungsabgeordneten, die in aller Öffentlichkeit ausgetragen wurden und die Parlamentssitzung wiederholt verzögerten. Der konservative Fraktionssprecher Kyriakos Mitsotakis sah sich zu der Feststellung veranlasst, das Parlament sei doch nicht das Zentralkomitee der Linken, in dem Parteiinterna geregelt werden.

Man kann das alles bitter-lustig finden oder sich aufregen. Man kann sich auch an das abschreckende Beispiel des DDR-Regimes erinnern, das alle Parteien beherrschte, in die Regierung einband und dadurch über Jahrzehnte ohne echte Opposition auskommen konnte - oder dies zumindest glaubte. Tatsache ist jedenfalls: So geht das nicht weiter. Der Regierungschef kann es sich einfach nicht leisten, dass die ihm treue Parteihälfte für die Sparpolitik wirbt, während die andere Hälfte "Kampfkomitees" gegen den "Kolonialismus der EU" organisiert, wie sie der inzwischen gefeuerte Energieminister Panagiotis Lafazanis in Aussicht stellt.

Jannis Papadimitriou
DW-Korrespondent Jannis PapadimitriouBild: DW

Zudem hat auch der Oppositionschef während der Parlamentsdebatte eine klare Ansage gemacht: Ab Montag ist es vorbei mit der uneigennützigen Hilfe für die regierende Linkspartei!

Der Taktiker Tsipras

Tsipras hat deshalb keine andere Wahl, als Neuwahlen anzusteuern. Er wird dies aber nicht sofort tun, sondern zunächst - vermutlich zum Monatsende - die Vertrauensfrage stellen. Ein geschickter Zug, mit dem er die Abweichler in der eigenen Partei bloßstellt und ihnen die Verantwortung für das Scheitern der ersten Linksregierung in der Geschichte des Landes zuschiebt.

Über Neuwahlen sollte sich die Opposition allerdings nicht zu früh freuen: Zwar ist der Linkspremier in der schwierigen Lage erklären zu müssen, warum er keine zehn Tage nach dem Referendum vom Juli einen Rückzieher macht, die einst von ihm verteufelte Kreditvereinbarung mitunterschreibt und sein ursprüngliches Wahlprogramm über Bord wirft. Doch im Vergleich zur Konkurrenz hat Tsipras immer noch einen entscheidenden Vorteil: Er gehört zu den wenigen Spitzenpolitikern im Land, die glaubhaft darauf verweisen können, dass sie nichts zu tun haben mit den Altparteien und den politischen Clans, die Griechenland die schlimmste Wirtschaftskrise in der jüngeren Geschichte des Landes eingebrockt haben.

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