Am Ende schlichen die Spieler des 1. FC Köln wieder mal mit gesenkten Köpfen vom Platz. Sie waren nahe dran, hatten einen 0:2-Rückstand beim SC Freiburg aufgeholt, als Claudio Pizarro kurz vor dem Abpfiff, wenige Meter vor dem Tor stehend, die Riesenchance zum 3:2 vergab. Stattdessen klingelte es auf der Gegenseite: Lucas Höler erzielte den Siegtreffer für die Freiburger. Der sechste Abstieg in der Vereinsgeschichte der Kölner stand fest. "Das 2:3 war das i-Tüpfelchen einer völlig verkorksten Saison", befand FC-Torwart Timo Horn hinterher - und hatte recht.
Leidtragender des Videobeweises
Die Niederlage des FC am drittletzten Spieltag war fast symptomatisch für die gesamte Saison. An der Einstellung der Mannschaft lag es nicht, dass die Kölner den bitteren Gang in die 2. Liga antreten müssen. Die Moral stimmte eigentlich immer, doch die Belohnung blieb aus. Verschwörungstheoretiker auf Seiten des FC werden vielleicht sagen, dass der Niedergang mit dem Videobeweis begann. Und in der Tat war der FC in dieser Saison häufiger als jeder andere Bundesligist Leidtragender bei fragwürdigen Entscheidungen der Videoassistenten. Doch dies war nur ein kleines Teil im Kölner Abstiegspuzzle.
Fehleinkauf, Verletzungspech, Führungsschwäche
Der Kölner Rekordeinkauf Jhon Cordoba (17 Millionen Euro) erwies sich als Fehlinvestition. Der Stürmer konnte die Lücke nicht füllen, die der Verkauf des Torjäger Anthony Modeste für 30 Millionen Euro gerissen hatte. Modeste hatte in der Vorsaison mit 25 Toren maßgeblich zum Einzug in die Europa League beigetragen, Cordoba traf bisher in dieser Bundesliga-Saison nicht ein einziges Mal. Zudem war der Kader der Kölner der Dreifach-Belastung aus Liga, Europa League und DFB-Pokal nicht gewachsen. Reihenweise fielen Leistungsträger aus. Der FC trat mit Verlegenheitsmannschaften an und ließ in Serie Punkte liegen.
Dass die Verantwortlichen des Klubs erst Anfang Dezember nach 14 sieglosen Spielen, in denen die Kölner nur drei Punkte holten, die Reißleine zogen und sich von Trainer Peter Stöger trennten, müssen sie sich als Fehler ankreiden lassen. Auch dass sie nicht erkannt hatten, dass die Chemie zwischen Manager Jörg Schmadtke und Stöger schon länger nicht mehr stimmte. Schmadtke nahm im Oktober selbst seinen Hut.
Löchrige Abwehr
Die Nachfolger Schmadtkes und Stögers, Armin Veh als Manager und Stefan Ruthenbeck, waren um ihre Aufgabe nicht zu beneiden. Unter Ruthenbeck fing sich die Kölner Mannschaft und spielte eine solide Rückrunde. Obwohl der FC fast ständig auf dem letzten Tabellenrang stand, zeigte die Mannschaft in einigen Partien, z.B. bei den Derby-Siegen gegen Mönchengladbach und Leverkusen, welches Potential eigentlich in ihr steckte. Doch das Ruthenbeck-Team patzte immer wieder, wenn es gegen die direkten Konkurrenten im Abstiegskampf ging.
Was die Kölner Offensive aufbaute, riss die Defensive wieder ein: Die FC-Abwehr war in dieser Saison die mit Abstand löchrigste der Liga, Torwart Horn konnte einem fast schon leid tun. An ihm lag es nicht, dass die Kölner jetzt absteigen - mit einer Mannschaft, die in der Europa League den FC Arsenal besiegt hat. So werden die Kölner wahrscheinlich als einer der spielstärksten Absteiger der Bundesliga-Geschichte in die Annalen eingehen, häufig unter Wert geschlagen.
FC bleibt gut aufgestellt
Die große Depression unter den FC-Fans, wie noch beim letzten Abstieg 2012, wird diesmal ausbleiben. Die Mannschaft wird nicht auseinander brechen. Leistungsträger wie Nationalspieler Jonas Hector und Timo Horn bleiben - branchenunüblich - in Köln. Mit Markus Anfang wurde für die nächste Saison ein junger, ambitionierter Trainer verpflichtet. Und, anders als vor sechs Jahren, stimmen auch die Finanzen des Vereins. Eigentlich ist alles angerichtet für den direkten Wiederaufstieg. Doch eigentlich hätte der FC auch nicht absteigen dürfen.
Sie können unterhalb dieses Artikels einen themenbezogenen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!