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Unrechtsurteil stärkt die Opposition

Thofern Uta 62 Latin Berlin 201503 18
Uta Thofern
11. September 2015

Venezuelas Regierung liegt in den letzten Zügen. Das überzogene Urteil gegen den prominenten Oppositionellen Leopoldo López ist ein Beleg für die Furcht der Chavisten, meint Uta Thofern.

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Lilian Tintor, die Frau des verurteilten Oppositionellen Leopoldo Lopez auf einer Protestkundegebung (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/C. Garcia Rawlins

13 Jahre, neun Monate, sieben Tage und 12 Stunden (!) im Militärgefängnis als Strafe für einen Demonstrationsaufruf: Das ist eindeutig ein politisches Urteil. Aber eingemauert hat sich das chavistische Regime damit in erster Linie selbst.

Die venezolanische Führung wollte eine Galionsfigur der Opposition ausschalten. Immerhin wäre der charismatische López nach jüngsten Umfragen derzeit der aussichtsreichste Präsidentschaftskandidat, noch vor dem besonneneren Henrique Capriles. Den Vorsprung gewann López während seiner 18-monatigen Haft. Durch das Urteil wird er erst recht zum Märtyrer und die Opposition ist vereinter denn je. López und Capriles haben ihre Differenzen zugunsten eines erhofften Wahlsiegs im Dezember beiseite gelegt.

"Venezuela hat sich in eine faktische Diktatur verwandelt"

Das Urteil ist zudem ein weiterer Tiefschlag für das ohnehin schon ramponierte Image Venezuelas im Ausland. Spaniens ehemaliger Regierungschef Felipe González sprach nach dem Urteil als Erster aus, was viele denken: "Venezuela hat sich in eine faktische Diktatur verwandelt."

Die Regierungen der Nachbarländer halten sich zwar getreu ihrem Prinzip der Nichteinmischung weiterhin zurück, aber offene Unterstützung kann Venezuelas Präsident Maduro nur noch von den wenigsten erwarten. Die vorsichtig begonnene Wiederannäherung an die USA ist mit dem Urteil bis auf weiteres dahin. Schließlich war die Freilassung von López eine der Hauptforderungen für eine Normalisierung der Beziehungen.

DW-Redakteurin Uta Thofern (Foto: DW)
DW-Redakteurin Uta Thofern

Der "Chavismo" hat seine Strahlkraft verloren

In Venezuela selbst lässt die Wirkung der Staatspropaganda offenbar allmählich nach. Weder die Denunziation jeglicher Opposition als umstürzlerisch, faschistisch, terroristisch oder anderweitig gefährlich, noch die regelmäßige Vermeldung angeblich geplanter Putschversuche, noch das Anzetteln von externen Konflikten wie jenen mit Guayana und dann Kolumbien ändern etwas an der erbärmlichen Lage der allermeisten Venezolaner. Die Wirklichkeit ist stärker als Worte. Leere Regale, steigende Preise und fehlende Medikamente lassen sich nicht weg reden. Der "Chavismo" hat ohne Hugo Chavez keine Strahlkraft mehr.

Wenn die Wahlen im Dezember frei und fair verlaufen, wird die Opposition gewinnen. Aber nicht, weil eine Mehrheit der Venezolaner wirklich von ihrem Programm überzeugt ist, sondern weil die Regierung Maduro mit ihrem Neo-Kommunismus versagt hat. Maduros Zustimmungswerte liegen nur noch bei knapp 25 Prozent. Seine Nachfolger müssen einen ökonomischen Scherbenhaufen beseitigen, ohne den sozialen Ausgleich zu vernachlässigen. Dieser Kraftakt könnte die jetzige Einigkeit der Opposition schnell wieder aufbrechen. Das ahnen auch die Wähler.

Damit es in Venezuela wirklich zu einem demokratischen Wandel kommt, muss die Opposition ein überzeugendes Wirtschaftsprogramm vorlegen und sich internationaler Hilfe versichern. Und sie darf keinen Fehler machen. Vor allem muss sie also gewalttätige Zusammenstöße wie bei den Demonstrationen vor anderthalb Jahren verhindern und sich nicht provozieren lassen. López ließ seiner Frau direkt nach seiner Verurteilung mitteilen, seine Anhänger sollten Ruhe und Würde bewahren. Wenn das gelingt, könnten sich seine nächsten Worte bewahrheiten: "Diese Handschellen wird mir das venezolanische Volk abnehmen."

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Thofern Uta 62 Latin Berlin 201503 18
Uta Thofern Leiterin Lateinamerika-Redaktionen, Schwerpunkt Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte