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Politik

Unwürdiges Spiel um Hariri

Sollich Rainer Kommentarbild App
Rainer Sollich
22. November 2017

Der libanesische Regierungschef Saad Hariri ist zurückgekehrt. Seinen von Saudi-Arabien aus verkündeten Rücktritt will er noch einmal überdenken. Rainer Sollich bezweifelt, dass die Krise damit ausgestanden ist.

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Libanon Premier Hariri zeigt sich in Öffentlichkeit
Der heimgekehrte Ministerpräsident Saad Hariri auf dem Weg zur Militärparade am Jahrestag der UnabhängigkeitBild: Reuters/M. Azakir

Eine der heftigsten diskutierten Fragen in Nahost lautet derzeit: Warum hat Libanons Regierungschef Saad Hariri vor drei Wochen nach einer dramatisch anmutenden "Flucht" völlig überraschend und ausgerechnet von Saudi-Arabien aus seinen Rücktritt verkündet? Tat er dies aus eigenem Antrieb, aus Sorge um sein Land oder sogar aus Angst vor einem Attentat auf ihn persönlich, wie er nebulös andeutete? Oder wurde er von seinen saudischen "Freunden" zum Rücktritt gezwungen, um im Libanon Chaos zu stiften und den Einfluss der iranisch finanzierten Schiiten-Miliz Hisbollah zurückzudrängen?

Was bedeutet Hariris Rückkehr?

Möglicherweise wird man die ganze Wahrheit nie erfahren, doch vieles spricht dafür, dass hinter den Kulissen erfolgreich diplomatischer Druck auf Saudi-Arabien und weitere Akteure aufgebaut wurde. Länder wie Ägypten und die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hatten sich offenbar geschickt als Vermittler eingeschaltet, während der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel die Saudis vor allem mit öffentlichen Schuldzuweisungen gegen sich aufbrachte.

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Rainer Sollich leitet die arabische Online-Redaktion

Nun ist Hariri wieder im Lande, doch die Lage bleibt weiter unklar. Zunächst sagt er, er habe seinen Rücktritt auf Eis gelegt und wolle weitere Konsultationen abwarten. Wenig später erklärt er vor jubelnden Anhängern sogar: "Ich bleibe bei Euch!" Wobei er zunächst offen lässt, ob er nur im Lande oder womöglich auch im Amt bleiben möchte. Und wie Saudi-Arabien dazu stehen würde und ob es dafür bestimmte Bedingungen stellt.

Hariris Rückkehr nach Beirut ist dennoch eine gute Nachricht. Ebenso begrüßenswert ist, dass sich mit Zypern ein weiterer EU-Staat um Vermittlung bemühen will. Man kann nur hoffen, dass das unwürdige Spiel um Hariri damit ein Ende nimmt. Es lässt den Libanon in aller Weltöffentlichkeit als ferngesteuerten Staat dastehen und birgt die Gefahr einer militärischen Eskalation, wenn sich nicht alle beteiligten Seiten in und außerhalb des Landes höchste Disziplin auferlegen. Denn der eigentliche Konflikt ist noch nicht ausgestanden. Und er kann auch nicht im Libanon alleine gelöst werden.

Der Iran und Saudi-Arabien - die entscheidenden Kräfte

Der schiitische Iran und mit ihm verbündete Kräfte wie die Hisbollah streben tatsächlich einen Machtzuwachs im Libanon und in der Region an - nirgendwo ist dies besser zu sehen als in Syrien, wo beide gemeinsam mit Russland einen militärischen Sieg des Regimes von Bashar al-Assad gegen vorwiegend sunnitische Rebellen erreichen konnten. Die sunnitische Führungsmacht Saudi-Arabien betrachtet dies als Bedrohung und will ein weiteres Ausdehnen des iranischen und schiitischen Einflusses in der Region mit aller Macht verhindern. Dabei wird das Königreich von einem jungen Kronprinzen angeführt, dem der deutsche Auslandsgeheimdienst BND bereits Ende 2015 in einem an die Presse durchgesickerten Bericht attestierte, er neige außenpolitisch zu Impulsivität und Abenteurertum. Der ebenso brutale wie erfolglose Krieg, den Mohammed bin Salman im Jemen führen lässt, bestätigt diese Einschätzung. 

Der Konflikt wird nicht zu lösen sein, ohne dass die eigentlichen Akteure an einen Tisch gebracht werden: Saudi-Arabien und Iran. So wie auch der Sunnit Hariri und die schiitische Hisbollah vor Beginn der jetzigen Krise jahrelang an einem Kabinettstisch saßen. Derzeit wird für alle Welt deutlich: Der Libanon feiert am Mittwoch zwar die Rückkehr Hariris und den 74. Jahrestag seiner nationalen Unabhängigkeit. Aber er ist immer noch ein Spielball auswärtiger Mächte.

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