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Politik

Von Fair Play keine Spur

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Birgit Maaß
7. November 2019

In Großbritannien wird am 12. Dezember ein neues Unterhaus gewählt. Schon jetzt sind die Attacken auf den jeweiligen Gegner persönlich und gehässig. So ein Wahlkampf hilft dem gespaltenen Land nicht, meint Birgit Maaß.

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Großbritannien Wahlkampf
Der britische Premier Boris Johnson führt einen aggressiven WahlkampfBild: AFP/A. Dennis

Die ersten Anzeichen sind nicht gut. Sein Herausforderer Jeremy Corbyn bediene sich "stalinistischer Methoden", sagt Premierminister Boris Johnson über den Labour-Parteiführer. Corbyns Antwort lässt nicht lange auf sich warten: Er setzt Boris Johnson gleich mit "superreichen Steuerschwindlern" - und das auch noch, ähnlich den Methoden von Donald Trump, in einem Tweet. Ebenfalls in den Sozialen Medien läuft eine Video, in dem die Konservativen ein Interview des Labour-Mannes Keir Starmer so zusammengeschnitten haben, dass der ehemalige Generalstaatsanwalt und Brexit-Fachmann dabei äußerst tölpelhaft und dumm aussieht. "Fake News" müssen sich die Konservativen daraufhin vorwerfen lassen.

Von englischen Understatement und Fair Play keine Spur, der Wahlkampf wird jetzt schon mit harten Bandagen und schmutzigen Tricks geführt.

Für oder gegen den Brexit?

Dabei hat er gerade erst begonnen, erst Mitte Dezember gehen die Briten wählen. Boris Johnson hofft, so wieder eine Mehrheit im Parlament zu erlangen, und dann seinen Brexit-Deal durchzuboxen.

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Birgit Maaß ist DW-Korrespondentin in London

Es ist ein Wahlkampf, den das Land so nicht braucht. Der immer noch ungeklärte Brexit hat das Land gespalten. Nicht "links" oder "rechts", sondern wie man sich zum Brexit verhält definiert zurzeit die britischen Wähler. Die Gräben verlaufen quer durch alte Freundschaften und Familien. Viele fürchten sich schon jetzt vor dem traditionellen Weihnachts-Lunch, weil sie Angst davor haben, sich mit Onkel Adam oder Granny Brenda über den irischen Backstop oder die Möglichkeit von Freihandelsverträgen mit fernen Ländern in die Haare zu kriegen. Therapeuten berichten, wie sich die Unsicherheit des Brexits negativ auf die Psyche ihrer Klienten auswirkt, sie nennen es "Brexit-Angst".

Die britischen Politiker müssten in so einer Situation das ihrige tun, um das Land nicht weiter zu spalten, sollten ihre Worte mäßigen. Aber leider ist genau das nicht zu erwarten - im Gegenteil. Seit seiner Wahl zum Premierminister hat vor allem Boris Johnson keine Gelegenheit ausgelassen, die politischen Gegner zu beleidigen. Sie seien "Saboteure", wollten unter allen Umständen den Brexit verhindern, "Feiglinge", die vor der EU kapitulierten. Seine Wort sind klar darauf angelegt, seine Gegner zu provozieren. Rhetorisch ist er brilliant, geschult in der Elite-Kaderschmiede Eton und im Debattierclub an der Universität Oxford. Ausgerechnet er stellt sich nun als Stimme des Volkes dar, und seine Gegner als Verhinderer des Volkswillens. Das Parlament und die Opposition als Teil des Establishments, das sich wehre, den Willen der Bürger umzusetzen - gegen ihn, Johnson, den Kämpfer für den Brexit.

Viele gemäßigte Stimmen treten gar nicht mehr an

Das ist gefährlich. Abgeordnete erhalten Morddrohungen, müssen in ihren Wohnungen Alarmknöpfe installieren. Im Mai diese Jahres wurde ein Rechtsextremer zu lebenslanger Haft verurteilt, weil ihm nachgewiesen werden konnte, dass er plante, eine Abgeordnete der Labour Partei umzubringen. Viele Parlamentarier, unter ihnen auffallend viele Frauen, haben sich entschlossen, bei diesen Wahlen gar nicht erst erneut anzutreten. Sie wolle sich nicht mehr bedroht fühlen, sich auf der Straße beschimpfen und in den Sozialen Medien oder per E-Mail beleidigen lassen, begründet es zum Beispiel die Abgeordnete Heidi Allen. Auch die konservativen Ministerinnen Nicky Morgan und Amber Rudd, beides gemäßigte Stimmen in Johnsons Kabinett, treten nicht mehr an.

Dabei braucht Großbritannien gerade in diesem historischen Moment die moderaten Stimmen. Solche, die Respekt und Toleranz zeigen - diese ur-britischen Tugenden, die auf der ganzen Welt geschätzt werden. Und keine politischen Brandstifter, denen jedes Mittel recht ist, solange sie nur gewinnen.

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Birgit Maaß UK-Korrespondentin