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Tatort Hannover

Volker Wagener21. Januar 2013

Mit einem Traumergebnis zieht die FDP erneut in den Landtag ein, dennoch reicht es nicht für die konservativ-liberale Regierung. Für die Bundeskanzlerin wird das Regieren nun schwieriger. Volker Wagener kommentiert.

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Der "Tatort" dauerte diesmal erheblich länger. Die traditionelle TV-Krimiserie am Sonntagabend im deutschen Fernsehen hatte unerwartet Konkurrenz von der Politik bekommen. Nein, es wurde nicht scharf geschossen in Hannover. Aber es ging um nichts weniger als Sein oder Nichtsein. Die Zitterpartie wurde erst kurz vor Mitternacht entschieden. Sieg für Rot-Grün. Damit war nicht zu rechnen, schon gar nicht bei fast zehn Prozent Zustimmung für die Liberalen, dem kleineren Koalitionspartner der CDU. Die Verlierer sind ratlos und die Wahlanalytiker kratzen sich am Hinterkopf.

Die Lehren für Berlin

Eine Landtagswahl acht Monate vor der Bundestagswahl ist automatisch ein Testfall für Berlin - für Regierung und Opposition. Angela Merkel hat nun ein Problem. Ihr Mann in Hannover, der überaus beliebte Ministerpräsident David McAllister, hat es trotz seines spröden und glanzlosen Herausforderers Stephan Weil von der SPD nicht geschafft, sich im Amt zu halten. Die "Aktion Milde Gabe" der CDU ist gescheitert. Rund 80 Prozent der knapp zehn Prozent Stimmen für die FDP kommen von CDU-Wählern. Das heißt, die Partei wird künstlich am Leben gehalten. Man kann es nicht anders sagen. Für Merkel ist die FDP nach Niedersachsen ein unsicherer Partner geworden. SPD und Grüne können hingegen mit Schwung den Wahlkampf angehen.

Auch bei der SPD ist eingetreten, was nur unbelehrbare Optimisten für möglich hielten. Mit dem historisch zweitschlechtesten Ergebnis im Norden und einem Spitzenkandidaten, der sich in einem langweiligen Wahlkampf hauptsächlich dafür einsetzen musste, sich bekannt zu machen, stellen die Sozialdemokraten nun den Ministerpräsidenten. Eine kleine Sensation - mindestens. Vor allem in Anbetracht des Handicaps, dass Merkels SPD-Herausforderer Peer Steinbrück bislang ein um das andere Mal patzte. So sehr, dass der Kandidat schon als Belastung empfunden wurde - für die Landes- und Bundespartei.

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Volker Wagener, DeutschlandredaktionBild: DW

Grüne Bürgerlichkeit als rot-grüne Trumpfkarte

Gerettet haben die Sozialdemokraten die Grünen. Die einstigen Alternativen konnten ihre Stimmen nahezu verdoppeln und sind längst zur dritten Kraft im deutschen Parlamentarismus aufgestiegen - und das auf hohem zweistelligen Niveau. Sie sind nicht mehr die radikale Ökopartei der 70er und 80er Jahre, die um die Gunst der Wähler buhlt. Es sind vor allem großstädtische, bürgerliche Grüne, die niemanden mehr abschrecken, sondern im Gegenteil, bis tief ins konservative Lager punkten. So etabliert kann es für Rot-Grün sogar im Herbst für den Machtwechsel in Berlin reichen, vorausgesetzt das Plus bei Grün gleicht das Minus bei Rot aus, dann darf auch Peer Steinbrück weiter von der Kanzlerschaft träumen.

Zum Fürchten gut – Die FDP und die verhexten 9,9 Prozent

Jubel bei Rot-Grün, Trauer bei der CDU - nur bei den Liberalen ist nichts eindeutig. Das Ergebnis ist geradezu gespenstisch. Die Frage, mit wem die Partei an der Spitze in den Bundestagswahlkampf ziehen soll, ist schneller entschieden als gestern noch gedacht. Parteichef Philipp Rösler wird Parteivorsitzender bleiben, Fraktionschef Rainer Brüderle soll die FDP in den Bundestagswahlkampf führen. Der 67-jährige Ex-Wirtschaftsminister ist der Mann fürs Volkstümliche, wie er sich selbst charakterisiert. Die FDP scheint ihre Zukunft mit ihm an der Spitze zu verknüpfen. Getreu dem Motto "Mutti braucht ein Brüderle" kann der FDP bei der Bundestagswahl nur daran gelegen sein, ehrliche - also eigene fünf bis sieben Prozent zu erzielen. Was macht es da, dass Brüderle als Vertreter der 80er Jahre-FDP gilt.

Und noch etwas hat die Niedersachsen-Wahl gezeigt. Das Unternehmen Westausdehnung der Linken ist vorerst gescheitert und die Piraten sollten sich erst mal ein Programm zulegen, bevor sie sich wieder dem Wähler vorstellen. Beide Parteien wurden gestern abgestraft. Sie hat schon ihr Gutes, die Fünfprozenthürde im deutschen Wahlgesetz.