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Wer braucht noch die OPEC?

Henrik Böhme27. November 2014

Die OPEC hat sich erwartungsgemäß nicht auf eine Drosselung der Erdöl-Produktion geeinigt. Für Henrik Böhme stellt sich die Frage, welche Berechtigung die Institution überhaupt noch hat.

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Ölpumpen Los Angeles
Bild: picture-alliance / dpa

Um gleich auf die Frage zu antworten: überhaupt keine mehr. Oder gibt es irgendwo auf der Welt ein Kartell, dass die Preise für zum Beispiel Kakao oder Kaffee festlegt? Nein, das regelt der Markt. Auch Spekulanten sind mit von der Partie. Und wenn es ein Kartell gäbe, würden die Wettbewerbshüter sicher zuschlagen und es schlicht verbieten. Beim Öl passiert das nicht. Warum nicht?

Weil Öl nach wie vor das Schmiermittel der Weltwirtschaft ist. Weil es noch immer auch als politisches Druckmittel eingesetzt wird. Weil wir immer noch nicht wirklich verstanden haben, was wir der Erde mit dem massenhaften Verbrennen fossiler Brennstoffe antun.

Des einen Freud, des anderen Leid

Natürlich freuen sich derzeit eine Menge Leute über das billige Öl. Autofahrer, Heizöl-Käufer, Spediteure, Reeder, Fluggesellschaften. Aber es gibt auch eine ganze Menge Leute, die echte Probleme mit dem niedrigen Preis haben: die Regierungen in Caracas und Moskau zum Beispiel. Denn die Förderländer Venezuela und Russland legen ihren Staatsausgaben einen viel höheren Ölpreis zu Grunde und nehmen derzeit viele Milliarden Dollar weniger ein. Wer vor allem auf Öl setzt, der hat momentan schlechte Karten.

Nun gibt es die wildesten Verschwörungstheorien, wer denn Schuld hat am Preisverfall: Die Saudis, weil sie die Fracking-Konkurrenz in den USA in die Knie zwingen wollen. Die Amerikaner, um die Russen wegen ihrer Expansionspolitik in der Ukraine zu bestrafen. Alle zusammen, um dem sogenannten "Islamischen Staat", der sich auch über Ölverkäufe finanziert, die Geldquelle auszutrocknen.

Deutsche Welle Henrik Böhme Chefredaktion GLOBAL Wirtschaft
DW-Wirtschaftsredakteur Henrik BöhmeBild: DW

Eine Institution der alten Zeit

Und es gibt noch ein realistisches Szenario: Es ist die schwache Weltwirtschaft. Der Öl-Verbrauch ist zurzeit schlicht geringer. Früher, als die Welt noch einfacher zu erklären war, hätte die OPEC die Produktion gedrosselt, um den Preis in einer vereinbarten Spanne zu halten. Aber die Welt ist eben komplizierter geworden. Die OPEC aber ist eine Institution der alten Zeit. Die USA sitzen gar nicht mit am Tisch, und Russland übrigens auch nicht. So wundert es nicht, wenn Venezuela schon laut über ein Zweierbündnis mit Russland nachdenkt, außerhalb des OPEC-Rahmens, versteht sich. Sollen sie, möchte man meinen: Aber niemand wird deren teureres Öl kaufen, wenn andere es billiger anbieten. Die OPEC würde in diesem Moment aufhören zu existieren. Was wäre daran schlimm?

Anderes macht viel mehr Sorgen: Das Überangebot an Erdöl lässt vergessen, dass es sich beim "Schwarzen Gold" um einen endlichen Rohstoff handelt. Auch wenn das schon vor Jahrzehnten prognostizierte "Ende des Ölzeitalters" noch nicht in Sicht ist: Wenn man eine Generation weiter denkt, sieht die Sache schon anders aus. Alternativen gibt es längst, wenn auch noch nicht in dem Maß, dass wir von heute auf morgen auf Atom, Kohle oder eben Öl verzichten könnten. Aber es wäre für die Welt um ein Vielfaches wichtiger, zu einem fairen CO2-Preis zu kommen, als hinter verschlossenen Türen um den Ölpreis zu feilschen. So verstellt das derzeit billige Öl den Blick auf die wirklichen Probleme. Und um die zu lösen, braucht die Welt alles mögliche, aber keine OPEC.