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Wer stoppt die Tragödie?

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
1. Juli 2015

Am Abgrund und ohne Aussicht auf Hilfe: Griechenland steht alleine da. Das hat die radikale Koalition in Athen alleine zu verantworten. Beim Referendum sollten die Griechen ihre Regierung abwählen, meint Bernd Riegert.

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Griechenland Athen Schuldenkrise
Bild: Reuters/A. Konstantinidis

Der neuste Salto mortale des griechischen Ministerpräsidenten, die Beantragung eines Kredites in letzter Sekunde, ist ein durchschaubares Wahlkampfmanöver. Alexis Tsipras wollte wenige Stunden vor Auslaufen des von ihm abgelehnten zweiten Hilfsprogramms ein drittes Programm von den Geldgebern, die er hauptsächlich als finanzielle Folterknechte beschimpft. Wo ist da die Logik?

Tsipras weiß genau, dass die Euro-Gruppe diesen Schnellschuss aus der Hüfte auf keinen Fall in wenigen Stunden billigen kann. Aber zuhause kann er vielleicht punkten und behaupten, er habe bis zum letzten Moment gekämpft. Lassen sich die Griechen damit wirklich für dumm verkaufen? Das wird sich beim Referendum am Sonntag in Griechenland zeigen. Mittlerweile scheint sich Alexis Tsipras nicht mehr sicher zu sein, dass die Menschen Nein sagen werden zu Europa, wie er sich das wünscht. Anders sind Andeutungen aus seiner Mannschaft nicht zu deuten, dass das Referendum abgesagt oder verschoben werden könnte.

Bei Scheitern Rücktritt

Riegert Bernd Kommentarbild App
Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Die Europäer in Brüssel haben die Hoffnung aufgegeben, mit der Regierung Tsipras noch auf einen grünen Zweig zu kommen. Ganz offen fordern EU-Spitzen und auch Regierungschefs in der EU, dass die Wähler am kommenden Sonntag Ja sagen mögen. Wenn Tsipras mit seinem Referendum scheitert, dann muss er zurücktreten, wenn er noch einen Funken Verantwortungsgefühl hat.

Zum ersten Mal seit fünf Jahren steht Griechenland jetzt ohne finazielle HIlfe von außen dar. Das Land hat keinen Zugang zu den privaten Finanzmärkten. Sein Wohl und Wehe hängt ausschließlich von der Europäischen Zentralbank ab, die die griechischen Banken nur noch wenige Tage über Wasser halten wird. Den Währungsfonds verprellt Athen durch die Verweigerung der fälligen Rate. Die Staatspleite und der nachfolgende technische Austritt aus der Euro-Zone ist nur noch eine Frage der Zeit.

Angesichts der dramatischen Lage hat der griechische Regierungschef nichts Besseres zu tun, als die Europäer dreist zu verhöhnen. Im Fernsehinterview sagte er, Griechenland schulde der EZB alleine 120 Milliarden Euro. Ein Grexit wäre viel zu teuer für die Geldgeber, deshalb werde Griechenland niemals aus der Euro-Zone ausscheiden. Der vollends abgedrehte Finanzminister Yanis Varoufakis setzt noch eins drauf und droht der Euro-Zone und der EZB mit einer Klage, wenn kein Geld mehr fließt. Lächerlich! Für den Grexit sorgt der Finanzminister mit seiner desaströsen Politik selbst. "Das Land ist sowieso pleite." "Steuern können wir nicht eintreiben. Dazu sind wir nicht in der Lage." Zitate von Yanis Varoufakis aus den letzten Wochen.

Ganz souverän, ganz allein

Das linksradikale Experiment ist gescheitert. Die Kosten dafür werden die bedauernswerten Griechen tragen müssen. Die Geldgeber werden abgeschriebene Kredite verschmerzen und auf kommende Generationen abschieben. Fällig werden die Kredite aus dem Rettungsschirm ja erst in 30 Jahren. Niemand will Griechenland erniedrigen oder ihm seine Unabhängigkeit nehmen, wie Syriza und der rechtsradikale Koalitionspartner polemisch vermuten. Griechenland muss keine Hilfe annehmen, aber dann muss es auch ohne Kredite der anderen auskommen. Ganz souverän, ganz allein. Mit europäischer Solidarität und europäischer Integration hat das alles schon lange nichts mehr zu tun.

Jetzt kann man nur noch auf einen neuen Anfang nach dem Referendum hoffen oder Griechenland muss die Euro-Zone verlassen. Ein demokratisches Referendum, eine Entscheidung des Volkes ist legitim. Aber nicht nur in Griechenland. Als ich einen Syriza-Politiker gefragt habe, ob denn auch Deutsche, Finnen, Franzosen, Spanier und viele andere darüber abstimmen sollten, ob sie Griechenland weiter finanzieren wollen, da kam erst Schweigen und dann ein leises Nein. Das ist ein höchst bedenkliches Demokratieverständnis. Einer ist besser als die 18 anderen in der Euro-Gruppe? Das darf nicht sein.

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union