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Politik

Corona-Medikament aus Kuba?

Andreas Knobloch Havanna
6. April 2020

In China soll INFrec bei COVID-19 geholfen haben. Deshalb will ein Unternehmer es nach Deutschland bringen. Eine Ladung steht bereit, doch bisher darf er sie nicht einführen. Nun verhandelt er mit einem anderen Land.

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Interferon Alfa 2B Mittel zur Behandlung von COVID-19
Made in Cuba: Das antivirale Medikament Interferon Alfa 2BBild: Reuters/Str

Angesichts der sich verschärfenden Corona-Epidemie in Deutschland suchen viele nach Möglichkeiten, in der Krise zu helfen. "Wir haben von Anfang an die Entwicklung und Ausbreitung des Virus mit Besorgnis verfolgt", sagt Georg Scheffer, Geschäftsführer und Inhaber von Profümed, einem mittelständischen Unternehmen mit etwa 150 Mitarbeitern und zwei Produktionsstätten in Sachsen und Österreich. "Schnell war klar, dass etwas getan werden muss, um Leben zu retten."

Da ein Impfstoff zeitnah nicht hergestellt oder ausreichend produziert werden könne, will Scheffer, der seit Jahren gute Geschäftsbeziehungen nach Kuba pflegt - das kubanische Medikament Interferon alfa 2B (INFrec) für rund 1000 Patienten nach Deutschland importieren. Es stärkt das Immunsystem und wird normalerweise gegen Denguefieber, Krebs sowie Hepatitis B und C eingesetzt. In China war es neben anderen Medikamenten zur Behandlung von Corona-Patienten verwendet worden - mit guten Resultaten.

"Jedes Leben, das durch die Anwendung von Interferon gerettet werden kann, ist es wert, dass wir uns energisch um die Einfuhrgenehmigung kümmern. Wir wollen kein zweites Italien in Deutschland", sagt Scheffer. Sein Unternehmen Profümed stellt Medizinprodukte auf Zellstoffbasis wie Tupfer, Kompressen und Bettunterlagen her. Im Pharmabereich hat es keine Erfahrung.

Kuba Havanna Vetragsunterzeichnung Profümed
Guter Draht nach Kuba: Georg Scheffer und Alfonso Brooks Rodríguez, Präsident des kubanischen Unternehmens CopextelBild: DW/A. Knobloch

Einfuhrgenehmigung verzweifelt gesucht

Das kubanische Unternehmen BioCubaFarma sicherte Profümed zu, INFrec für die Behandlung von 500 bis 1000 Patienten bereitzustellen. Die Lieferzeit betrage bis zu 25 Tagen. Um die Bestellung durchführen zu können, benötige man jedoch die Zulassung und Genehmigung der Bundesregulierungsbehörde zu Einfuhr nach Deutschland. Diese schreibt auch das deutsche Arzneimittelgesetz (AMG) vor.

Also setzte sich Scheffer Mitte März mit diversen Ministerien und Landesbehörden in Verbindung. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) kommt der Hinweis, man habe seine Mail ans Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) weitergeleitet. Scheffer selbst schreibt die Poststelle des Bundesgesundheitsministeriums ebenfalls an. Seither wartet er auf Antwort.

Auch eine Anfrage beim Sächsischen Staatsministerium für Soziales bleibt unbeantwortet. Auf Pressenachfrage heißt es: "Wenn man Arzneimittel einführen möchte, sind Vorgaben nach dem AMG (Erlaubnis, sachkundige Person, Lagerung etc.) nachzuweisen." Für die Einfuhr von Arzneimitteln sei zudem die Landesdirektion Sachsen zuständig, eine dem Sächsischen Innenministerium untergeordnete Ministerialbehörde.

Fehlende Nachweise

Ein Sprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn erklärt auf Anfrage, "Voraussetzung für ein Inverkehrbringen eines Arzneimittels ist grundsätzlich eine behördliche Zulassung". Dazu müssten "von einem pharmazeutischen Unternehmer Unterlagen eingereicht werden, mit denen die Wirksamkeit, die Unbedenklichkeit und die Qualität des Arzneimittels belegt werden".

Aktuell ließen sich zu keinem Arzneimittel Aussagen zu dessen Wirksamkeit bei COVID-19 treffen. Zudem seien Arzneimittel, die den Wirkstoff Interferon alfa enthielten, auch in Deutschland auf dem Markt.

Klar ist: INFrec ist nicht die Lösung der Corona-Krise. Das stellte auch der Präsident von BioCubaFarma, Eduardo Martínez, Mitte März richtig, um Gerüchten in den sozialen Netzwerken entgegenzutreten, Kuba besitze ein Heilmittel gegen die Pandemie. "Interferon ist ein therapeutisches Produkt, es ist kein Impfstoff", erklärte er in Havanna.

Lieber nach Spanien?

Scheffer will trotzdem dranbleiben. Sein Vorhaben, das kubanische Medikament zu importieren, steckt zwar in der Sackgasse, aber er gibt nicht auf. "Wenn die Deutschen es nicht wollen, liefere ich es nach Spanien." Man stünde in aussichtsreichen Gesprächen.

Geschäfte mit Kuba sind für den sächsischen Unternehmer nichts neues. Profümed liegen Bestellungen für Verbandsmaterial im sechsstelligen Euro-Bereich aus Kuba vor. Das Kontingent Interferon wäre eine Art Zahlungsversicherung. "Die Kubaner würden da wohl entgegenkommen und verrechnen", meint Scheffer.

Derweil gibt es auch anderweitig viel zu tun: Schutzmasken sind äußerst gefragt und knapp. Besonders im medizinischen Bereich ist dies ein Problem. Scheffer hat deshalb kurzfristig die Produktion im sächsischen Standort Brand-Erbisdorf umgestellt. "Anfang April sollten die ersten Masken-Prototypen fertig sein", sagt er.