Tshepo Tsotetsi und die "unbesungenen Helden"
10. September 2019In ihrem Auftrag, nicht nur über Kultur zu berichten, sondern sie auch zu vermitteln und manchmal sogar mitzugestalten, beauftragt die Deutsche Welle jedes Jahr einen Komponisten mit einem Musikstück, das im Rahmen des Campus-Projekts auf dem Beethovenfest in Bonn uraufgeführt wird.
In diesem Jahr ging der Auftrag an den jungen Saxophonisten und Komponisten Tshepo Tsotetsi aus Südafrika. Seine für Orchester und Gesang geschriebene Komposition "Birth of Change" feiert am 12. September in Bonn Premiere, einen Tag später wird sie in Berlin wiederholt.
Im bilateralen Geist trägt das sechsköpfige männliche Vokalensemble Just 6 aus Südafrika das Stück gemeinsam mit sechs Sängerinnen der Gruppe Sjaella aus Deutschland vor. Das Bundesjugendorchester rundet das Programm ab.
Wir sprachen während der Proben mit Tshepo Tsotetsi.
Deutsche Welle: Können Sie den Prozess beschreiben, der Ihre Noten in eine echte Live-Performance verwandelt?
Tshepo Tsotetsi: Ich arbeite seit Monaten an diesem Stück, nur ich und der Computer in einem dunklen kleinen Raum. Es ist ein tolles Gefühl zu hören, wie dieses Stück endlich mit dem ganzen Ensemble zum Leben erwacht. Das gelang schneller, als ich dachte. Ich war begeistert, wie sich die Sänger instinktiv zu eigen machten, was ich mir erhofft hatte. Ich habe schon früher mit Vokalensembles gearbeitet und habe ein Faible für Sänger. Es ist magisch zu sehen, wie diese Menschen aus zwei verschiedenen Ländern ihre Klänge miteinander verweben, während sie sich an den afrikanischen Einfluss halten. Sie schreien zu hören, war das Beeindruckendste, was ich seit langem erlebt habe.
Wie hat es sich angefühlt, nachdem die Sänger und das Orchester gemeinsam geprobt haben?
Aufregend! Ich habe zum ersten Mal gleichzeitig dirigiert und Klavier gespielt. Das war cool, und gleich beim ersten Durchgang war ich sehr beeindruckt von diesem Orchester. Die Premiere wird explosiv sein. Es sind junge Musiker und junge Musik, und ich fühle mich sehr wohl damit.
Sie sind ein Geschichtenerzähler. Steckt hinter dieser Komposition auch eine Geschichte?
Am wichtigsten ist der Spaß. Ich glaube an Spaß. Ich denke, über Spaß sollte mehr geredet werden. Ein Teil des zweiten Satzes hat mit psychischer Gesundheit zu tun und mit der Unterstützung von Menschen, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen. Mit den Texten versuchen wir zu erzählen, wie die Liebe viele Dinge überwinden kann, aber auch, dass sie manchmal nicht ausreicht. Der letzte Satz dreht sich um die Fantasie. Wir versuchen zu oft, auf konventionelle Weise erfolgreich zu sein. Ich habe Reinigungskräfte getroffen, die strahlende Persönlichkeiten waren und die optimistischste Einstellung zum Leben hatten. In der Komposition geht es also auch um unbesungene Helden.
Wie beschreiben Sie Ihren Kompositionsstil?
Ich habe meine Musik immer als eindeutige "New Skool" bezeichnet. Wir benutzen die gleichen Instrumente, die gleichen Musiker, aber es ist die Perspektive, die sich ändert. Ich bin 28 Jahre alt und glaube, ich sollte beim Komponieren die Gegenwart reflektieren. Es ist unsere Pflicht als Komponisten und Künstler, darzustellen, was wir als junge Menschen erleben und fühlen.
Das Gespräch führte Kathrin Lemke.