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Eine chinesisch-mongolisch-westliche Klangzauberin

Adelheid Feilcke22. September 2015

Die Komponistin Zulan bringt in ihrer Musik Pferdekopfgeige, Obertongesang und westliche Musiktradition zusammen. Beim Beethovenfest in Bonn wurde ihr Werk "Amila" uraufgeführt.

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China Zulan Komponistin
Bild: DW/A. Feilcke

Ihre Avantgarde ist ebenso hip wie exotisch. Mit ihren Klängen zieht sie die kunstsinnige Schickeria Pekings ebenso in ihren Bann wie auf Festivals in New York oder Paris. Zulan ist eine Künstlerin, Musikerin und Komponistin, die aus der Melange von westlicher, chinesischer und mongolischer Musiktradition einen ganz eigenen Klangkosmos schafft: Unmittelbar und gleichzeitig abstrakt, vereint er archaische Rauheit mit feinster Klangfärbung. Und so wie ihre Musik klingt, sieht sie auch aus: Zulans Piercing und die kurze Hose sind frech und modern, die glänzenden blauen Plateauschuhe stylisch. Genau dieses Blau ist das leuchtende Himmelblau der Mongolen, das in dem Schal wiederkehrt, den sie als Symbol der Gastfreundschaft und Ehrerbietung Gästen traditionstreu über die Schultern legt.

Zulans vollständiger mongolischer Name ist Munk Zulan, was so viel wie "die ewig brennende Butterlampe" heißt. Die Butterlampe ist eine Kerze aus Yakbutter und gilt als Sinnbild für den Zustand der Erleuchtung im Buddhismus. Der symbolträchtige Name passt bestens zu der Musikerin, die von ewig brennender Energie sprüht und gleichzeitig eine zutiefst in sich ruhende Ausstrahlung hat. Alles an der eher kleinen 34jährigen Frau - und an ihrer Musik - drückt Stärke und freundliche Entschiedenheit aus.

China Zulan Komponistin. Foto: Adelheid Feilcke
Zulans Musik beschäftigt Jung und Alt gleichermaßenBild: DW/A. Feilcke

Besuch bei Zulan in Peking. Sie trifft sich mit ihrer Band "Mongolism" zu einer Probe, setzt sich ans Klavier, die wilde Mähne von schwarzem, langgewelltem Haar wirft sie nach hinten, bespricht einige letzte Ideen mit den Musikern, dann geht es los: Innerhalb weniger Sekunden tauchen Musiker und Zuhörer in Zulans Klangwelt ein. Mit eigentümlich rauher und zugleich sanfter Stimme singt sie eine Melodie, begleitet sich selbst am Klavier, die Bandmitglieder antworten und fügen sich ein.

Der sonore Ton des westlichen Violoncellos verbindet sich mit dem ebenfalls volltönigen Streicherklang der mongolischen Pferdekopfgeige, westliches Schlagzeug mit mongolischen Rasseln aus Wirbelknochen von Schafen. Klänge von Flöten aus Bambus und Kunststoff ertönen, auch Maultrommeln. Und immer wieder über dem tiefen kehligen Gesang der Männer der Band ertönen hohe Töne, die wie ferne Flöten klingen - der irritierende Zauber des mongolischen Obertongesangs.

Eine Musik wie ihr Leben: Voller Kontraste und Brüche

Zulans Welt ist eine Welt der Kontraste. Ihre Familie kommt aus der Inneren Mongolei, sie selbst wuchs in Peking auf, studierte westliche Musik. Sie spricht chinesisch, nur bruchstückhaft die mongolische Sprache ihrer Vorfahren. Bei bekannten zeitgenössischen Professoren aus China und Europa studierte sie Komposition. Erst allmählich band sie ihre kulturellen Wurzeln - die Musik Chinas und der Mongolei - immer stärker ein in das, was sie an westlicher Musik erlernt hat.

China Zulan Komponistin. Foto: Adelheid Feilcke
Offen und experimentierfreudigBild: DW/A. Feilcke

Sie schrieb Kammermusik und sehr erfolgreich Filmmusik. Unter anderem erklingt ihre Musik in einem der erfolgreichsten chinesischen Fantasy-Filme, den ihr Mann, Wu Ershan, ein Star-Regisseur, produziert hat. Ebenso wie diese Filme bedient Zulans Musik eine Sehnsucht der heutigen Chinesen nach verlorenen Traditionen und heroischen Kulturen in einer gewaltigen und atemberaubenden Natur. Deshalb ist alles Mongolische als Teil der chinesischen Geschichte heute in China so beliebt.

Zulans Musik ist eine Musik der Brücken und Brüche. Sie benutzt traditionelle Instrumente, die Kunstform des Kehlkopf- und Obertongesangs und mongolische Harmonik. Sie gründet die Band "Mongolism", in der überwiegend mongolisch stämmige Musiker spielen. Den Namen hat sie als Irritation und Provokation bewusst gewählt. Mongoloid und Mongolisch: Beides schwingt mit. Zulans Klangwelt ist keine Folklore, sondern musikalische Mutation traditioneller Elemente.

Zulans Beethoven-Projekt

Für das Beethovenfest 2015 hat Zulan von der Deutschen Welle den Auftrag erhalten, ein Werk für das Bundesjugendorchester zu schreiben, ein Musikstück im Geiste Beethovens. Zulan hat sich von Beethoven und seinem Geburtshaus in Bonn inspirieren lassen und ihre Eindrücke mit in ihre Komposition einfließen lassen. Ihr Werk nennt sie "Amila" - mongolisch für "gibt Leben" - Reminiszenz an ihren Sohn, der den gleichen Namen trägt ebenso wie ein programmatischer Titel für den Beginn einer neuen Schöpfungsphase.

China Zulan Komponistin. Foto: Adelheid Feilcke
Stärke und EntschiedenheitBild: DW/A. Feilcke

Im Stück wird die Klangwelt von Mongolism auf ein großes Sinfonieorchester erweitert. Darin mischt sich der Orchesterklang mit dem Obertongesang und den Melodien der Pferdekopfgeige und anderer mongolischer Instrumente. Für Zulan sind Kraft und Esprit das, was ihre nomadischen Vorfahren zum Überleben brauchten und was die mongolische Kultur noch heute auszeichnet. Auch bei Beethovens Musik hat sie diese Energie gespürt und möchte diese Inspiration in ihrer Musik mit den jungen Musikern des BJO zu neuem Leben erwecken.