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Die Tories fast allein im Haus

9. Mai 2015

London nach der Wahl: Die Konservativen von Premier Cameron regieren in Großbritannien erstmals seit 1992 wieder mit absoluter Mehrheit. Das Königreich ist mit dem klaren Sieg der Tories ein Stück von Europa abgerückt.

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Großbritannien Wahl zum Unterhaus David Cameron OVERLAY
Bild: Reuters/P. Nichols

Königin Elizabeth II. betraute den bisherigen Premierminister Cameron bereits am Freitag mit der Bildung der neuen Tory-Regierung. Er wird auf Kontinuität setzen und bewährtes Personal. Der Regierungschef belässt nach eigenen Angaben sowohl seinen bisherigen Finanzminister George Osborne als auch Innenministerin Theresa May im Amt. Außenminister Philip Hammond und Verteidigungsminister Michael Fallon behalten ebenfalls ihre Posten. Zur Personalie Osborne, dem Verfechter einer rigiden Kürzungspolitik, teilte Cameron mit, dieser werde sein Stellvertreter als Regierungschef.

Volksentscheid 2016?

Er werde das Versprechen eines Referendums über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union wahr machen, betonte Cameron. Beobachter gehen davon aus, dass der Volksentscheid noch 2016 stattfinden könnte. Außerdem kündigte der Premier unter dem Eindruck des außergewöhnlich guten Abschneidens der Unabhängigkeitspartei SNP in Schottland die Stärkung der Regionen an. "So schnell ich nur kann", werde er die nach dem Schottland-Referendum versprochenen Zugeständnisse erfüllen. "Wir können Großbritannien noch größer machen", betonte er.

Besonderheiten des Wahlsystems

Rund 37 Prozent der Stimmen reichten den Tories bei der Wahl am Donnerstag für 331 der 650 Sitze im Unterhaus. Sie verbesserten damit ihr Ergebnis von 2010, als sie noch auf einen Koalitionspartner angewiesen waren, um 24 Sitze. "Dies war der süßeste Sieg von allen", sagte Cameron vor seinen Wahlhelfern.

Die absolute Mehrheit für die Konservativen hatte keine Umfrage vorhergesehen - was auch am britischen Wahlsystem liegt. Ins Parlament zieht nur ein, wer seinen Wahlkreis gewinnt, es gibt also 650 Einzel-Abstimmungen.

Dem seit vergangenem Juli amtierenden Außenminister Hammond obliegen die schwierigen Verhandlungen mit den Partnern der Europäischen Union. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ließ erklären, er strebe einen "fairen Deal" für Großbritannien in der EU an. Der freie Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital sei aber "nicht verhandelbar".

Philip Hammond beim G7- Außenministertreffen in Lübeck
Außenminister Hammond bleibt auf PostenBild: picture-alliance/dpa/M. Schreiber

Keine Rolle in der ersten Reihe mehr spielt der bisherige Vizepremierminister Nick Clegg, dessen Liberaldemokratische Partei bei der Wahl dramatisch von 57 auf nur noch acht Sitze abstürzte. Clegg legte daraufhin ebenso wie der Chef der geschlagenen Labour-Partei, Ed Miliband, den Parteivorsitz nieder. Der Vorsitzende der EU-feindlichen und rechtspopulistischen United Kingdom Independence Party (Ukip), Nigel Farage, der persönlich im Gegensatz zu Miliband und Clegg den Einzug ins Parlament verfehlte, trat ebenfalls als Parteichef zurück. Seine Partei ist nur noch mit einem Abgeordneten im Unterhaus vertreten.

Bis kurz vor der Wahl am Donnerstag war Umfragen zufolge mit einem engen Rennen zwischen Labour und Tories gerechnet worden. Die klare Tory-Mehrheit von 331 der 650 Sitze im Unterhaus kam deshalb überraschend. Die Labour-Partei stürzte auf 232 Mandate ab. Sie verlor insbesondere in Schottland zahlreiche Wahlkreise an die SNP. Diese konnte die Zahl ihrer Mandate von sechs auf 56 der 59 an Schottland vergebenen Sitze ausbauen. Schon dieses starke Abschneiden der SNP macht einen baldigen neuen Anlauf für einen Volksentscheid über die Unabhängigkeit Schottlands wahrscheinlich. Im September hatten die Schotten das mehrheitlich abgelehnt. "Der schottische Löwe hat gebrüllt", sagte der frühere SNP-Vorsitzende Alex Salmond. Er war nach dem Referendum zurückgetreten, zieht nun aber erneut ins Parlament ein.

Ed Miliband
Der bisherige Labour-Chef Miliband bleibt nicht auf PostenBild: Reuters/D. Staples

Glückwunsch aus Berlin

Bei der Wahl errangen zudem die nordirische Democratic Unionist Party (DUP) acht Mandate, die nordirischen Nationalisten Sinn Fein vier Sitze und die walisische Partei Plaid Cymru drei. Die restlichen sieben Mandate gingen an andere Bewerber. Die Wahlbeteiligung lag bei gut 66 Prozent.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihrem Kollegen Cameron am Freitagabend telefonisch zu seinem "beeindruckenden Wahlsieg" gratuliert. Sie freue sich auf die Fortsetzung der "bewährten, vertrauensvollen Zusammenarbeit", ließ die Kanzerin mitteilen.

ml/haz (dpa, rtr)