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Konvent soll Europa neu legitimieren

Heiner Kiesel30. Mai 2014

Populisten und Euroskeptiker waren die großen Gewinner der Europawahl. Ein breites Bündnis will die Kompetenzen der EU bürgernah neu verhandeln lassen. Zum Schluss sollen alle darüber abstimmen. Doch der Weg ist weit.

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Die Hand von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Stimmabgabe zur Europawahl 2014 (Foto: Reuters/Thomas Peter)
Bild: picture-alliance/dpa

Der Europäische Konvent - er ist ein Projekt, das fast alle wollen, aber irgendwie scheint nie der richtige Moment, es anzustoßen. Diese Versammlung von Vertretern aus allen Mitgliedsstaaten soll dann zusammentreten, wenn Veränderungen an den EU-Verträgen vorgenommen werden sollen. Jetzt versucht ein Bündnis aus NGOs, Gewerkschaften und Wirtschaftsfachleuten den Konvent, der in Artikel 48 des Vertrags von Lissabon vorgesehen ist, anzuschieben. "Wir brauchen einen Konvent, um Europa demokratischer und sozialer zu machen", betont Reiner Hoffmann, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). An seiner Seite hofft Gerald Häfner von der Initiative DemocraticEuropeNow auf eine breite gesellschaftliche Einbindung. "Wir haben am vergangenen Sonntag gewählt, aber das reicht nicht aus", sagt Häfner, der sich daran stört, dass wichtige Entscheidungen über die Ausgestaltung der EU von den Staats- und Regierungschefs hinter verschlossenen Türen getroffen werden. "Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus, das muss auch für Europa gelten."

Nach den Beobachtungen des Bündnisses für einen neuen Konvent haben sich 1400 Kandidaten der vergangenen Europawahl für eine solche Zusammenkunft ausgesprochen, 150 seien ins Europäische Parlament (EP) gewählt worden. Laut Gerald Häfner würden in Deutschland alle wichtigen Parteien - CDU/CSU, SPD, Die Linke und die Grünen - für einen Konvent plädieren. Das sei auch Konsens unter den europäischen Gewerkschaften, pflichtet ihm Hoffmann bei.

Europäische Union im Wandel

Hinter der breiten - zumindest theoretischen - Zustimmung zu einem solchen Modell steht das Gefühl, dass sich die EU in den letzten Jahrzehnten gewandelt und viele neue Kompetenzen bekommen hat, ohne dass dies wirklich demokratisch durch die Bürger Europas legitimiert worden ist. Dazu zählen der Stabilisierungsmechanismus ESM, die Troika und der gemeinsame Fiskalpakt. Es sei ein Klima der Entfremdung entstanden, finden die Mitglieder der Konvents-Initiative, das auch dazu geführt habe, dass die euroskeptischen Parteien ihre Zugewinne von über 20 Prozent haben einfahren können. "Es ist dringend Zeit, dass wir die Webfehler der EU beheben", sagt DGB-Chef Hoffmann.

Es hat schon zweimal einen Konvent in der Union gegeben, und die Mitstreiter für den parteiübergreifenden "Plan für ein demokratischeres Europa" sind nicht sehr glücklich mit den historischen Vorbildern. Sowohl beim Grundrechtskonvent (1999-2000) und dem Verfassungskonvent (2002-2003) habe es an Transparenz und Legitimation gefehlt. Darüber hinaus sei es nicht gelungen, die Bürger Europas in eine breite Debatte über die Inhalte einzubinden - auch weil die Zeit für die Beratungen knapp war. "Besonders junge Menschen haben das Gefühl, dass sie gerade bei den wichtigen Entscheidungen viel zu wenig gefragt werden", beklagt Häfner. Man habe keine Blaupause für den künftigen Konvent, aber es wäre gut denkbar, dass ein Teil seiner Mitglieder gewählt würde.

Unklare Vorgaben im Lissabon-Vertrag

"Die Konventsfrage ist die Machtfrage in Europa", stellt Häfner von DemocraticEuropeNow klar. Er geht von einer geringen Bereitschaft der Regierungen aus, ihn einzuberufen, weil sie dadurch viel von ihrer Bestimmungsmacht aus der Hand geben würden. "Ich mache mir keine Illusionen, wir werden das gegen die Regierungen erstreiten müssen." Das Bündnis für den Konvent macht sich allerdings Hoffnung auf Unterstützung aus den nationalen Parlamenten und dem EP.

Letztlich muss der Präsident des Europäischen Rates dazu gebracht werden, den Konvent einzuberufen. Das kann von der Kommission, der Regierung eines Mitgliedsstaates, oder dem EP ausgelöst werden. In den EU-Verträgen steht, dass er aus Vertretern der nationalen Parlamente, der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und sowie der Kommission zusammengesetzt wird. Besonders wichtig ist den Initiatoren, dass die Beschlüsse des Konvents allen Bürgern Europas zur Entscheidung vorgelegt werden. Häfner verspricht: "Dann stehen an der Wiege des neuen gemeinsamen Europa nicht nur die Entscheidungen von Staats- und Regierungschefs, sondern die Bürgerinnen und Bürger selbst."