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Berlins Orchester spielen für Flüchtlinge

Rick Fulker1. März 2016

Bei einem gemeinsamen Auftritt haben die drei großen Orchester Berlins in der Berliner Philharmonie für Flüchtlinge musiziert. Der Abend verlieh dem Begriff "Willkommenskultur" eine neue Dimension.

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Daniel Barenboim, Iván Fischer und Simon Rattle nach dem Konzert
Daniel Barenboim, Iván Fischer und Simon Rattle nach dem KonzertBild: Monika Rittershaus

Die Berliner Philharmoniker, die Staatskapelle Berlin und das Konzerthausorchester Berlin machen selten gemeinsame Sache. Doch am Abend des 1. März setzten die Klangkörper und ihre Chefdirigenten Simon Rattle, Daniel Barenboim und Iván Fischer ein Zeichen für das, was Fischer das "neue Europa" nannte. Unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel fand für Flüchtlinge und ihre amtlichen und freiwilligen Helfer das Konzert "Willkommen in unserer Mitte" statt. Das Konzert wurde vom Kulturradio des Senders Berlin Brandenburg (rbb) an weitere ARD-Radiosender und per Livestream in der "Digital Concert Hall" der Berliner Philharmoniker live übertragen. Der Eintritt war kostenlos, Karten wurden nach vorheriger Anmeldung vergeben.

Kultur an erster Stelle

In Statements während der Umbaupausen erklärten die drei Dirigenten ihre Motivation. "Wollen wir wirklich zum alten Europa zurückkehren, in dem Nationen gegen Nationen kämpften, Religionen gegen Religionen?", fragte Iván Fischer rhetorisch. Er fuhr enthusiastisch fort: "Ein neues Europa wird geboren, in dem die Leute ihre Türen und ihre Herzen öffnen, und wir wollen das der Welt zeigen. Und den Flüchtlingen wollen wir sagen: Herzlich willkommen, fühlt euch wie zu Hause."

Flüchtlinge und Helfer strömen in die Berliner Philharmonie zum Willkommenskonzert, ein lächelnder Mann trägt ein Kind auf seinem Arm
Der Eintritt war frei, Helfer meldeten die Flüchtlinge anBild: Peter Adamik

Daniel Barenboim seinerseits wollte mehr als nur willkommen heißen: "Wichtig ist, dass Flüchtlinge gut versorgt werden - aber auch, dass ihnen gezeigt wird: Sie kommen in ein Land, in dem die Kultur sehr wichtig ist. Die Botschaft des heutigen Abends ist, dass Musik und Kultur nicht an letzter Stelle stehen, sondern von Anfang an dazu gehören."

Simon Rattle zeigte seinerseits seine sprichwörtlich einnehmende Begeisterungsfähigkeit: "Es ist eine außergewöhnliche Gelegenheit für Deutschland und Europa, ein außergewöhnliches Volk willkommen zu heißen. Indem wir spielen, zeigen wir unsere Liebe und Unterstützung. Wir sind sehr glücklich, mit diesen neuen Europäern zu kommunizieren."

Begeisterung im Saal

Im Programm spielte Barenboim Klaviersolo und dirigierte die Staatskapelle beim Klavierkonzert KV 466 von Wolfgang Amadeus Mozart - manchmal nicht glasklar, jedoch immerhin auswendig, ohne Partitur. Fischer seinerseits leitete das Konzerthausorchester in einer spritzigen Wiedergabe von Sergej Prokofjews "Klassischer" Sinfonie Nr. 1 - und Rattle dirigierte die Philharmoniker bei Ludwig van Beethovens Siebter Sinfonie. Vor allem letztere Darbietung geriet bewegt und bewegend: Der Trauermarsch war von außergewöhnlichem Tiefgang geprägt, und im Finale feuerte Rattle die Philharmoniker zu einem ekstatischen Kehraus an.

Ein Mann macht mit seinem Smartphone ein Selfie von sich und seinem Begleiter
Vor dem Konzert: Zeit für ein SelfieBild: Peter Adamik

Für manche Besucher dürfte es die erste Begegnung mit der westlichen "Hochkultur" gewesen sein. Nach jedem Satz wurde frenetisch applaudiert, zum Schluss gab es bei stehenden Ovationen ein Getöse von Klatschen und Pfeifen.

"Als Musiker fühlen wir uns auf der ganzen Welt willkommen", erklärten die drei Maestros in einem gemeinsamen Statement. "Wir wünschen uns, dass dies auch für Menschen gilt, die vom Schicksal schwer getroffen sind und die durch Krieg, Hunger oder Verfolgung gezwungen wurden, ihre Heimat zu verlassen."