Kopf-an-Kopf-Rennen bei Parlamentswahl in Slowenien
24. April 2022Erwartet wird bei der Parlamentswahl eine knappe Entscheidung zwischen der Partei SDS des Rechtspopulisten Janez Jansa, der seit 2020 regiert, und der liberalen oppositionellen Freiheitsbewegung (GS) des Politneulings Robert Golob. Beide Gruppierungen sind jedoch von einer absoluten Mehrheit weit entfernt. Jansa dürfte es schwerer fallen, Partner für eine mehrheitsfähige Koalition zu finden. Golob kann hingegen mit der Unterstützung der Mitte-Links-Parteien rechnen, die vor 2020 regiert hatten.
Die Opposition wirft Jansa vor, die demokratischen Institutionen seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren ausgehöhlt und die Pressefreiheit eingeschränkt zu haben. Der 63-Jährige ist mit dem rechtsnationalistischen ungarischen Regierungschef Viktor Orbán verbündet. Er setzte im Wahlkampf auf Slogans wie "Keine Experimente" und versprach dem südosteuropäischen Land Stabilität.
Der 55-jährige Golob bezeichnete indessen die Wahl als "Referendum über die Demokratie in Slowenien". Vor seinem Eintritt in die Politik hatte er jahrelang die staatliche Stromgesellschaft geleitet.
Experten rechnen damit, dass die Wahlbeteiligung höher ausfallen wird als zuletzt. "Das erste Mal seit den späten 1980er Jahren ist die Zivilgesellschaft aufgewacht", sagte Vlado Miheljak, Professor für Soziologie an der Universität Ljubljana, der Nachrichtenagentur AFP. Slowenien, das "früher als Vorbild in Osteuropa gesehen wurde", ist Miheljak zufolge, der unter anderem Sozialpsychologie lehrt, "zu einem der größten Unruhestifter (in Europa) geworden, mit Freiheiten, die jeden Tag mehr eingeschränkt werden".
Sorge in Europa vor Autokraten
Angesichts der Abstimmung in Slowenien und der an diesem Sonntag ebenfalls stattfindenden Stichwahl in Frankreich um das Präsidentenamt, bei der die Rechtsnationalistin Marine Le Pen zur Wahl steht, warnte die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, vor einem möglichen Sieg anti-europäischer Kräfte. "Pro-europäische Kräfte treten am Sonntag in Paris und Ljubljana gegen Europaverachtung und Populismus an", sagte die SPD-Europapolitikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Bei beiden Abstimmungen handele es sich deshalb auch um "Richtungswahlen für Europa". Anders als in Frankreich sei in Slowenien "mit Janez Jansa der Autokrat allerdings schon im Amt".
Knapp 1,7 Millionen Wahlberechtigte sind in Slowenien dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Um die 90 Mandate bewerben sich 21 Parteilisten mit fast 1500 Kandidaten. Mit ersten Prognosen wird nach Schließung der Wahllokale um 19 Uhr gerechnet.
ust/ww (dpa, afp, fdv.uni-lj.si)