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Korruption gefährdet Demokratie

Mirjam Gehrke9. Juli 2013

Korruption wird weltweit immer stärker als Problem wahrgenommen. Als besonders anfällig für Bestechung gelten politische Parteien und öffentliche Verwaltung. Experten sprechen von einer Gefahr für die Demokratie.

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Ein Demonstrant in einem Schweinekostüm hält gefälschte Geldscheine in der Hand – Demonstration gegen Korruption und Wahlbetrug in Mexiko (Foto: Getty Images)
Symbolbild Korruption MexikoBild: GettyImages/Afp/Yuri Cortez

Fünf Dollar verlangte ein öffentliches Krankenhaus in Simbabwe von schwangeren Frauen, die vor oder während der Entbindung vor Schmerzen schrien: Fünf Dollar als "Strafe" für jeden Schmerzensschrei, der sich als falscher Alarm herausstellte. Entlassen wurden die Frauen nach der Entbindung erst, wenn sie gezahlt hatten.

Beim Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch, in dem mehrere Textilfabriken untergebracht waren, starben im April mehr als 1000 Menschen. Der Eigentümer soll die Genehmigung für den Bau zusätzlicher Stockwerke gegen Bestechungsgelder erkauft haben, um Sicherheitsauflagen zu umgehen. Die Antikorruptionsorganisation Transparency International (TI) definiert Korruption als "Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil."

Die Ruinen des eingestürzten Rana-Plaza-Gebäudes in Dhaka, Bangladesh (Foto: REUTERS)
Korruption und Pfusch am Bau haben zum Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Dhaka geführtBild: Reuters

Das am Dienstag (09.07.2013) von Transparency International vorgelegte Globale Korruptionsbarometer dokumentiert, dass Korruption in Politik, Wirtschaft und in der öffentlichen Verwaltung weltweit zunehmend als Problem wahrgenommen wird. Die Bevölkerungsumfrage in 107 Ländern untersucht, wie korrupt einzelne Sektoren empfunden werden. Mehr als die Hälfte der Menschen weltweit glaubt, dass Korruption in den vergangenen zwei Jahren zugenommen hat. 27 Prozent gaben an, im vergangenen Jahr Schmiergeld an Mitarbeiter aus Verwaltung oder Polizei gezahlt zu haben. Im internationalen Vergleich werden die politischen Parteien am häufigsten als die korruptesten Institutionen wahrgenommen.

Deutschland liegt weit über dem Durchschnitt: Hier meinen 57 Prozent der Befragten, dass die Korruption zugenommen hat. Das sei "bemerkenswert", so Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International, gegenüber der DW, "weil die Deutschen früher davon ausgingen, dass Korruption in unserem Land keine große Rolle spielt, sondern eher in weit entfernten Ländern stattfindet."

Medien haben einen schlechten Ruf

Auf einer Skala von eins (überhaupt nicht korrupt) bis fünf (sehr korrupt) bewerten die Deutschen die politischen Parteien mit 3,8, die Privatwirtschaft mit 3,7 und die Medien mit 3,6. Letzteres hat Edda Müller überrascht: "Wir brauchen die Medien, um das Bewusstsein über die Problematik zu schärfen. Dass sie selber jetzt in den Verdacht geraten, nicht unabhängig zu sein und sich auf korrupte Art Vorteile einzuhandeln, ist neu." Einerseits gerieten immer mehr kleinere Zeitungen in wirtschaftliche Abhängigkeit von Anzeigenkunden, so Müller. Andererseits werde nicht transparent dargelegt, wie die Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland verwendet werden.

De Vorsitzende von Transparency International Deutschland e.V. Edda Müller (Foto: dpa)
Edda Müller, Vorsitzende von Transparency InternationalBild: picture-alliance/dpa

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) spricht von einem "Alarmsignal". Der DJV-Vorsitzende Michael Konken sagte: "Die Glaubwürdigkeit ist das höchste Gut von Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Online-Portalen. Wenn die Menschen den Medien nicht mehr vertrauen, ist es höchste Zeit, gegenzusteuern."

Politik verliert an Glaubwürdigkeit

"Verheerend" findet die Politikwissenschaftlerin Edda Müller auch das weltweit schlechte Image der politischen Parteien, die im globalen Durchschnitt mit 3,8 bewertet werden. "Bei allen Möglichkeiten direkter Einflussnahme über Social Media und andere direkte demokratische Methoden brauchen wir Institutionen, die Politik und Meinungsbildung organisieren." Die politischen Parteien seien als Mittler zwischen den Bürgern und dem politischen Prozess unersetzlich. "Wenn die sich in dieser Weise diskreditieren, dann ist das für die Demokratie eine sehr gefährliche Entwicklung."

Wohin diese Entwicklung im Extremfall führen kann, habe der arabische Frühling gezeigt, so Müller weiter. "Krisenherde, Revolten, kriegerische und bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen sind häufig in solchen Ländern besonders stark, die von einem hohen Maß an Korruption betroffen sind und in denen die Menschen das Gefühl haben, es geht hier nicht gerecht zu." Der Sturz der Regierung Mursi in Ägypten sei ein Beispiel dafür, dass "Korruption den Frieden bedroht".

Massendemonstration auf dem Tahrir-Platz in Kairo
Auslöser für die Anti-Mursi-Proteste in Ägypten war unter anderem die Wut über Korruption und die schlechte wirtschaftliche LageBild: Reuters

UN-Konvention gegen Korruption

Vor zehn Jahren hat die UN eine Konvention gegen Korruption verabschiedet, mit dem Ziel, jede Form von politischer Bestechung und Manipulation im öffentlichen und privaten Sektor zu unterbinden. Die Regeln gelten für Beamte und Abgeordnete gleichermaßen. 161 Staaten haben die Konvention bereits ratifiziert. Deutschland zählt seit zehn Jahren zu den wenigen Ländern, die sich den Regeln verweigern.

"Unerträglich" findet TI-Vorsitzende Edda Müller, "dass die Parteien, die im Bundestag vertreten sind, sich nach wie vor nicht einigen konnten, eine Verschärfung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung zu verabschieden, und damit verhindern, dass die UN-Konvention gegen Korruption auch umgesetzt wird." Zuletzt haben CDU/CSU und FDP mit ihrer Stimmenmehrheit Ende Juni im Bundestag gegen schärfere Korruptionsregeln gestimmt. Die Opposition wollte eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren für bestechliche Abgeordnete durchsetzen.

Politisches Engagement lohnt sich

Zu den wenigen Ländern, in denen die Korruption in der Wahrnehmung der Befragten abgenommen hat, zählen so unterschiedliche Staaten wie Belgien, die Fidschi-Inseln, Ruanda, Sudan und Süd-Sudan, Taiwan, Serbien, Kambodscha, Georgien und die Philippinen. Ein Patentrezept lasse sich daraus nicht ablesen, aber diese Bewertung zeige, dass "Reformen von den Menschen als positiv empfunden wurden, so dass ein Trend sich umgekehrt hat." Das zeige, dass man "problematische Situationen umkehren kann, wenn man effizient und politisch engagiert etwas dagegen unternimmt", so Müllers Fazit.

In Simbabwe hat Transparency International die Regierung auf die Missstände im Gesundheitswesen aufmerksam gemacht. Daraufhin hat das Gesundheitsministerium das gesamte Gesundheitssystem überprüft. Seitdem habe es keine weiteren Beschwerden mehr über willkürliche Gebührenforderungen bei Entbindungen gegeben, so Transparency International.