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Korruptionsprozess in der Türkei niedergeschlagen

21. Januar 2015

Vier wegen Bestechung abgesetzte türkische Minister müssen sich nicht vor Gericht verantworten. Hintergrund der Afffäre ist ein Machtkampf zwischen Präsident Erdogan und den Anhängern des islamischen Predigers Gülen.

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (Foto: ADEM ALTAN/AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images/AFP/Adem Altan

In der Türkei bleibt vier ehemaligen Ministern ein Korruptionsprozess erspart. Das von der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP dominierte Parlament stimmte dagegen, dass ihnen vor dem Verfassungsgericht der Prozess gemacht wird. Es folgte damit einer Ausschussempfehlung vom Monatsbeginn.

Zwar votierten nicht alle Abgeordneten der AKP von Staatschef Recep Tayyip Erdogan (Artikelbild) für den Schritt, deren Mehrheit blieb aber gesichert. Bei den Ex-Ministern handelt es sich um die früheren Ressortchefs für Inneres, Wirtschaft, EU-Angelegenheiten und Umwelt, die wegen der Korruptionsvorwürfe vor gut einem Jahr von ihren Ämtern zurücktraten. Die Opposition wollte sie vor Gericht bringen.

Bei Razzien im Dezember 2013 waren Dutzende Menschen auch aus dem AKP-Umfeld unter Bestechnungsverdacht festgenommen worden, darunter die Söhne von dreien der vier Minister.

Inzwischen wurden alle Verfahren eingestellt. Der damalige Ministerpräsident und heutige Staatspräsident Erdogan erklärte, hinter den Festnahmen stehe eine Verschwörung seines Erzfeindes, des in den USA lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen.

Justiz und Medien unter Druck

Hunderte Staatsanwälte und Polizisten wurden seitdem versetzt, suspendiert oder festgenommen. Auch die Ermittler in dem Korruptionsfall verloren ihre Posten. Zudem ließ die Regierung eine umstrittene Justizreform verabschieden, die den Einfluss der Regierung stärkt. Türkische Journalisten, die sich kritisch äußerten, gerieten unter Druck. Es gab eine Verhaftungswelle, die bei Beobachtern die Sorge nährte, die Meinungsfreiheit im Land werde immer stärker eingeschränkt.

So wurde etwa die Fernsehmoderatorin Sedef Kabas vorübergehend festgenommen. Die Staatsanwaltschaft fordert bis zu fünf Jahre Haft für die Journalistin, nachdem sie im Kurznachrichtendienst Twitter den Namen des Staatsanwalts mit Foto veröffentlicht hatte, der für die Einstellung der Korruptionsermittlungen verantwortlich sei.

Journalisten der Tageszeitung Zaman fordern auf einem Schild Medienfreiheit (Foto: Reuters)
"Freiheit für die Medien": Journalisten der Tageszeitung Zaman, deren Redaktion die Polizei durchsuchteBild: Reuters/M. Sezer

Minderjähriger inhaftiert

Im Dezember war erstmals ein Minderjähriger in der Türkei wegen Präsidentenbeleidigung inhaftiert worden. Der 16-jährige Schüler musste für zwei Tage ins Gefängnis, nachdem er auf einer Kundgebung Präsident Erdogan und dessen Partei AKP Korruption vorgeworfen hatte. Sollte es zum Prozess kommen, drohen ihm bis zu vier Jahre Haft.

Eine Schlüsselfigur in dem Korruptionsskandal ist der aserbaidschanischstämmige Geschäftsmann Reza Zarrab. Istanbuler Staatsanwälte warfen Zarrab vor, Mitglieder der türkischen Regierung mit hohen Geldsummen bestochen zu haben, um sich Unterstützung für Goldgeschäfte mit dem von Strafmaßnahmen belegten Iran zu sichern.

Als eigentlicher Hintergrund der Affäre gilt ein erbitterter Machtkampf Erdogans mit der Bewegung seines einstigen Verbündeten Fetullah Gülen, einem Prediger, der im Exil in den USA lebt. Erdogan beschuldigt den muslimischen Prediger, dem auch mehrere türkische Medien nahestehen, einen Putsch zu betreiben. Gülen weist die Vorwürfe zurück. Eine Gruppe, die Gülens Hizmet-Bewegung in den USA vertritt, bezeichnete die Festnahmen als Ablenkungsmanöver. Damit solle die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von Themen wie Korruption abgezogen werden.

jj/se (dpa, afp, rtr)