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Krach um die EU-Kommissare

Bernd Riegert, Brüssel 22. Oktober 2004

Der künftige Präsident der EU-Kommission Barroso muss um die Zustimmung des Europaparlaments für seine Kommissare kämpfen. Der Ausgang der Abstimmung am 27.10. ist weiterhin völlig offen.

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Barroso will nicht nachgebenBild: AP

Der neue Präsident der EU-Kommission, Jose Manuel Durao Barroso, hat im Streit um die Ernennung seiner Mannschaft am Donnerstag (21.10.2004) in Brüssel einen Schritt auf das Europaparlament zu gemacht. Er entzieht dem umstrittenen italienischen Kommissar Rocco Buttiglione die Zuständigkeit für Grundrechte und Antidiskriminierung: "Ich habe die Botschaft des Parlamentes verstanden. Deshalb habe ich entschieden, den politischen Stellenwert für diese Fragen zu erhöhen, indem ich persönlich Verantwortung für die Koordination unserer Aktivitäten in diesem Bereich übernehme." Barroso bleibt damit aber hinter den Erwartungen der Sozialisten, Grünen und Liberalen zurück, da er den designierten Kommissar nicht ganz zurückzieht.

Rocco Buttiglione mit EU Verfassung
Ein Blick in die zukünftige EU-Verfassung könne dem designierten Kommissar Rocco Buttiglione nicht schaden, meint mancher Europaparlamentarier.Bild: AP

Buttiglione, der wegen seiner Verurteilung von Homosexualität als Sünde und seinen konservativen Einstellungen zur Rolle von Frauen von mehreren Fraktionen des Parlaments harsch kritisiert wurde, hatte sich in einem Brief für seine Wortwahl entschuldigt. Die Zuständigkeit für Justiz und Inneres soll er aber behalten, sich jedoch gegebenenfalls für befangen erklären, so der gewählte Kommissionspräsident Barroso: "Wenn in der Zukunft ein Konflikt zwischen seinem Gewissen und seinen Dienstpflichten auftritt, ist Herr Buttiglione entschlossen, sich nicht an einer Entscheidung zu beteiligen."

Kein Ringtausch der Kompetenzen

In einer Sitzung mit den Fraktionsvorsitzenden des Parlaments, das die gesamte Kommission in der kommenden Woche ablehnen könnte, hatte Barroso am Donnerstag versichert, er würde sich auch um die Defizite anderer Kommissare kümmern. So gab es nach deren Anhörungen Anfang Oktober 2004 auch Einwände gegen Laszlo Kovacs (Ungarn), Neelie Kroes (Niederlande) und Ingrida Udre (Lettland). Eine Art Ringtausch der Kompetenzen lehnte Barroso ab. Er zeigte sich überzeugt, dass er im Parlament am Ende eine Mehrheit bekommen werde: "Das Allerletzte, was wir jetzt brauchen, ist eine Art Religionskrieg in Europa. Da muss ich auch mal an den gesunden Menschenverstand und Verantwortungsgefühl appellieren."

Die Parlamentarier sollten die Funktionsfähigkeit der Union nicht gefährden, so Barroso. Der Chef der sozialdemokratischen Fraktion, Martin Schulz, sagte, das Kompromissangebot Barrosos reiche nicht aus. Ein Justizkommissar Rocco Buttiglione sei nicht akzeptabel. Die Argumente Barrosos wies Schulz zurück: "Man kann nicht von einer institutionellen Krise sprechen, wenn ein in den Verträgen oder in der zukünftigen Verfassung vorgesehener normaler Vorgang geschieht. Man sollte lieber darüber nachdenken, warum die Exekutive die Mehrheit nicht bekommen hat."

Konservative Unterstützung

Ablehnend äußerten sich auch die Grünen. Der Vorsitzende der größten, der konservativen Fraktion, Hans-Gerd Pöttering, unterstützt seinen Parteifreund Barroso hingegen: "Ich werde meiner Fraktion empfehlen, geschlossen für diese Kommission zu stimmen." Andere Fraktionen, wie zum Beispiel die Liberalen haben sich noch nicht festgelegt. Deren Vorsitzender Graham Watson forderte den italienischen Christdemokraten auf, die Krise selbst zu lösen: "Ich hoffe inständig, dass Herr Buttiglione bevor Montag erkennt, wie schwierig es ist, Vertrauen zwischen der Kommission und Parlament zu schaffen, und seine Kandidatur zurückzieht."

Der Parlamentspräsident, Joseph Borrell, sagte, man könne heute nicht voraussagen, wie die Vertrauensabstimmung am Mittwoch (27.10.2004) ausgehen werden, da keines der großen politischen Lager über eine Mehrheit unter den 731 Abgeordneten verfüge. Es wäre das erste Mal, dass das Parlament eine neu zu ernennende Kommission ablehnen würde.