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25 Jahre Haft für Kremlkritiker Kara-Mursa

17. April 2023

Einer der prominentesten Kritiker von Russlands Präsident Wladimir Putin muss für lange Zeit ins Gefängnis. Für Wladimir Kara-Mursa geht damit eine lange Leidenszeit weiter. Das Urteil erntet viel internationale Kritik.

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Der Kreml-Kritiker Kara-Mursa bei einer gerichtlichen Anhörung in Moskau
Der Kreml-Kritiker Kara-Mursa bei einer gerichtlichen Anhörung in Moskau (Archivbild)Bild: Dmitry Serebryakov/AP/picture alliance

Am Ende des Prozesses hinter verschlossenen Türen wurde Wladimir Kara-Mursa in Moskau zu 25 Jahren Haft im Straflager wegen Hochverrats verurteilt. Das Stadtgericht verhängte das umstrittene Urteil gegen den Oppositionellen, der auch Russlands Krieg gegen die Ukraine scharf kritisiert hatte.

Es ist die höchste Strafe, die bisher gegen einen Regimegegner in Russland verhängt wurde. Das Gericht entsprach dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die das Strafmaß Anfang April gefordert hatte.

Der 41-Jährige gilt als einer der schärfsten Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin. Staatliche Medien hatten unter Berufung auf Ermittlerkreise behauptet, der frühere Journalist habe gegen eine Bezahlung von rund 30.000 Euro pro Monat Organisationen aus NATO-Ländern geholfen, Russlands nationale Sicherheit zu unterhöhlen. Kara-Mursa wurde zudem die Diskreditierung der russischen Armee vorgeworfen.

Gesundheitliche Probleme

Nach Angaben seiner Anwältin Maria Eismont ist Kara-Mursa gesundheitlich schwer angeschlagen. Sie sagte zuletzt, ihr Mandant habe in der Untersuchungshaft 17 Kilogramm an Gewicht verloren.

Russland | Gedenktag Boris Nemzow in Moskau | Vladimir Kara-Mursa und Julia Galjamina
Wladimir Kara-Mursa 2021 bei einer Gedenkveranstaltung in Moskau für seinen ermordeten Weggefährten Boris NemzowBild: Sergey Satanovskiy/DW

Zweimal hat der prominente Putin-Gegner rätselhafte Vergiftungen nur knapp überlebt. Recherchen der Investigativgruppe Bellingcat zufolge wurde Kara-Mursa von denselben Agenten des Inlandsgeheimdienstes FSB verfolgt, die auch in den Giftanschlag auf den Oppositionellen Alexej Nawalny verwickelt gewesen sein sollen. Als Folge dieser Anschläge soll Kara-Mursa nach Angaben seiner Anwälte unter der Nervenkrankheit Polyneuropathie leiden. 

Noch am vergangenen Dienstag hatte Kara-Mursa erklärt, trotz der ihm drohenden langen Haftstrafe bereue er keine seiner Äußerungen. Er werfe sich selbst allerdings vor, dass es ihm nicht gelungen sei, genügend Landsleute und Politiker in demokratischen Ländern von der Gefahr überzeugt zu haben, welche die gegenwärtige Kreml-Führung für das Land darstelle.

Die jetzt verhängte Höchststrafe von 25 Jahren Straflager sei für seinen Mandanten "gleichbedeutend mit einem Todesurteil", sagte Kara-Mursas Anwalt Wadim Prochorow der Deutschen Welle. "Aber selbst zwei bis drei Jahre in einem Hochsicherheitsgefängnis könnten für ihn in seinem derzeitigen Gesundheitszustand tödlich sein. Das muss man verstehen, und deshalb ist es schwierig, das Urteil anders als obskurantistisch und absolut empörend zu bezeichnen", fügte der Jurist hinzu.

Internationale Kritik am Urteil

Als Reaktion auf das Urteil hat die britische Regierung in London den russischen Botschafter einbestellt. Man habe deutlich machen wollen, dass man die "politisch motivierte" Verurteilung des Kremlkritikers verurteile, der auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt, und seine sofortige Freilassung fordere.

"Russlands mangelndes Engagement für den Schutz grundlegender Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung, ist alarmierend", sagte der britische Außenminister James Cleverly in einer Erklärung. Großbritannien fordere Russland weiterhin auf, seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen, einschließlich des Anspruchs von Wladimir Kara-Mursa auf eine angemessene medizinische Versorgung, so Cleverly.

 James Cleverly UK Außenminister
Großbritanniens Außenminister James CleverlyBild: Kirsty Wigglesworth/AP/picture alliance

Großbritannien hat bereits den Richter, der den Prozess leitete, wegen früherer Verwicklungen in Menschenrechtsverletzungen sanktioniert und erklärt, es werde weitere Maßnahmen in Erwägung ziehen, um die an Kara-Mursas "Inhaftierung und Misshandlung" Beteiligten zur Rechenschaft zu ziehen.

Auch eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin kritisierte den Gerichtsbeschluss "aufs Schärfste". "Auch dieses Urteil sei, wie viele weitere, auf die Abschreckung, Ausgrenzung und Unterbindung jeglicher kritischer Stimmen gerichtet", fügte sie hinzu. Das Verfahren gegen Kara-Mursa zeige, wie die russische Justiz gegen ihn und viele seiner Landsleute instrumentalisiert werde und welch "erschütterndes Ausmaß" die Repression in Russland inzwischen erreicht habe. Die Bundesregierung fordere "die umgehende Freilassung von Wladimir Kara-Mursa und natürlich auch aller anderen zu Unrecht politisch Inhaftierten", sagte die Sprecherin weiter. 

Die Vereinten Nationen schlossen sich ebenfalls den Forderungen nach einer sofortigen Freilassung des Kremlkritikers an. Der Hohe Kommissar für Menschenrechte, Volker Turk, sagte in Genf, das Urteil sei "ein weiterer Rückschlag gegen die Rechtsstaatlichkeit und den bürgerlichen Raum in der Russischen Föderation". Aus dem Kreml gab es dagegen zu dem Urteil bislang keinen Kommentar.

Ehrung für Regimekritiker

Im vergangenen Jahr war Kara-Mursa mit dem prestigeträchtigen Vaclav-Havel-Preis des Europarats ausgezeichnet worden. Es erfordere unglaublichen Mut, sich im heutigen Russland gegen die Obrigkeit zu stellen, sagte der Präsident der Parlamentarischen Versammlung, Tiny Kox, im Oktober. Kara-Mursas Frau nahm den Menschenrechtspreis entgegen. Sie las ein Statement ihres Mannes vor, wonach er den Gewinn all denjenigen widme, die sich in Russland gegen den Ukraine-Krieg auflehnten.

Mit dem Vaclav-Havel-Preis zeichnet die Parlamentarische Versammlung des Europarats seit 2013 Engagement für die Menschenrechte aus. Der Preis ist mit 60.000 Euro dotiert und nach dem verstorbenen Bürgerrechtler und früheren Präsidenten der Tschechischen Republik benannt.

mak/kle (rtr, dpa, afp)